Artikel5. Dezember 2023

Filmwissen: 100 Jahre Disney: Eine Reise durch die Geschichte

Filmwissen: 100 Jahre Disney: Eine Reise durch die Geschichte
© IMDb

Seit einem Jahrhundert existiert die Walt Disney Company, fast genauso lange beglückt sie das Publikum mit animierten Meisterwerken. Zum Start von «Wish» haben wir einen Blick in die lange und abwechslungsreiche Geschichte des Filmstudios mit der Maus geworfen und nehmen dich mit auf eine Zeitreise.

Von Peter Osteried

Im Jahr 1923 gründeten Walt Disney und sein Bruder Roy das Disney Brothers Cartoon Studio, aus dem schliesslich die Walt Disney Company werden sollte. Zuerst produzierte die Firma nur Kurzfilme, darunter «Steamboat Willie», mit dem 1928 Micky Maus debütierte. Es sollte da aber noch fast ein Jahrzehnt dauern, bevor Walt Disney sich einen Traum erfüllte und den ersten abendfüllenden Zeichentrickfilm produzierte.

1937: Startschuss einer neuen Phase: «Schneewittchen und die sieben Zwerge»

«Schneewittchen und die sieben Zwerge» war der erste abendfüllende Zeichentrickfilm des Studios. Bis heute sollten 61 weitere Filme folgen, die meisten sind zu wahren Klassikern geworden. Die Disney-Formel ist schon bei diesem ersten Film dabei. Laut dem American Film Institute gehört er zu den 100 bedeutendsten Filme aller Zeiten. Walt Disney kündigte den Film 1935 an und skizzierte gleich grosse Pläne: Alle zwei Jahre sollte fortan ein grosser Zeichentrickfilm in die Kinos kommen. Disney wollte Perfektion, er wollte aber auch die nächste Stufe der Firma zünden. Denn mit den Kurzfilmen, die bis dato produziert worden waren, konnte nicht das grosse Geld gemacht werden.

1940: Sichere Wege und Experimente: «Pinocchio» und «Fantasia»

Seinem Wunsch, alle zwei Jahre einen Film präsentieren zu können, konnte Walt Disney nicht ganz nachkommen. Aber: Dafür gab es 1940 gleich zwei Veröffentlichungen. Mit «Pinocchio» wurde erneut ein Märchen aufgegriffen, mit «Fantasia» die Grenzen ausgelotet und Animation mit klassischer Musik unterlegt. Der Film ist episodisch und hat keinen roten Faden, zudem war er kein Erfolg: Er traf den Geschmack des Publikums nicht, heute gilt er jedoch als einer der grossartigsten Filme des Studios.

1941 bis 1949: «Bambi» und jede Menge vergessener Filme

Mit «Dumbo» im Jahr 1941 und «Bambi» im Jahr 1942 legte die Walt Disney Company zwei weitere Klassiker vor, die heute noch geliebt werden. Aber das restliche Jahrzehnt bestand aus Filmen, die allenfalls Disney-EnthusiastInnen bekannt sind – so etwa «Fröhlich, Frei, Spass dabei» aus dem Jahr 1947. Das waren im Grunde auch keine richtigen Filme, sondern Kompilationen verschiedener Cartoons. Erst mit Beginn der 50er-Jahre begann ein goldenes Zeitalter für Disney.

1950: Märchen ohne Ende: «Cinderella»

Cinderella und ihr Prinz in «Cinderella» © IMDb

Die Adaption des Grimmschen Märchens war ein grosser Erfolg für das Studio. Mit dem Film war eine Formel gefunden. Wie schon beim allerersten Zeichentrickfilm wurde ein Märchen adaptiert. Tatsächlich wurde schon Jahre zuvor am Drehbuch getüftelt. Als es an die Produktion von «Cinderella» ging, kam das auch mit dem Mut der Verzweiflung, denn die Filme der 40er-Jahre hatten grösstenteils Verluste beschert, mit der Geschichte vom Aschenputtel hatte das Studio aber Erfolg.

1951-1963: Die grossen Erfolge

«Alice im Wunderland» (1951), «Peter Pan» (1953), «Susi und Strolch» (1955), «Dornröschen» (1959) und «101 Dalmatiner» (1961) waren für das Studio immense Erfolge. Disney-Filme entwickelten sich zum Pflichtprogramm für Familien. Der einzige Film, der aus der Reihe tanzte: «Die Hexe und der Zauberer» (1963). Er hat nicht denselben Status wie die fünf anderen Filme.

1967: Abschied von Walt Disney und «Das Dschungelbuch»

Mowgli und Baloo in «Das Dschungelbuch» © IMDb

Die Verfilmung des Romans von Rudyard Kipling war der letzte Film, an dem Walt Disney selbst noch beteiligt war. Er starb im Dezember 1966, «Das Dschungelbuch» debütierte im Jahr darauf und wurde zu einem der grössten Klassiker, den das Studio je hervorgebracht hat. Wie bei vielen der grossen Disney-Filme gab es über Jahre immer wieder Neuaufführungen, da alle paar Jahre eine neue Generation an Kindern heranwuchs, die die Disney-Filme noch nicht kannten. Darum war es später auch so, dass Disney nur sehr zaghaft einige der eigenen Klassiker auf Heimkino-Medien verfügbar machte.

1970-1977: Jahre des Umbruchs

«Aristocats» war der erste Film, an dem Walt Disney als Produzent nicht mehr aktiv beteiligt war. Er hatte aber vor seinem Tod zumindest noch als Ideengeber fungiert. Und doch: Ein Bruch ist spürbar. Der Film wirkt etwas weniger sorgfältig animiert. Im Jahr 1973 folgte «Robin Hood», der ein Erfolg war.

Was damals nicht auffiel, weil die Filme immer nur im Kino zu sehen und ein direkter Vergleich nicht möglich war: Bei Disney wurden Zeichnungen und Animationen mehrmals benutzt. Balu, der Bär aus «Das Dschungelbuch» sieht Little John aus «Robin Hood» nicht nur ähnlich, es gibt auch Szenen mit gleichem Gesichtsausdruck. Die Animatoren des Studios machten es sich hier leichter, nicht nur bei diesen beiden Filmen, bei anderen auch. Beispielsweise, wenn Bewegungen vom Mowgli mit denen von Christopher Robin aus «Die vielen Abenteuer von Winnie Puuh» (1977) verglichen werden. Der grösste Erfolg des Jahrzehnts stellte «Bernard und Bianca – Die Mäusepolizei» (1977) dar.

Szene aus «Bernhard und Bianca - Die Mäusepolizei» © 1977 - Walt Disney Studios. All rights reserved.

1981-1989: Versuche und Fehler

Im Jahr 1981 begeisterte der Film «Cap und Capper» das junge Publikum, vier Jahre später wurde es von «Taran und der Zauberkessel» erschreckt. Denn dies war der erste Disney-Zeichentrickfilm, der eine erstaunlich düstere Fantasy-Geschichte erzählt. Im Grunde nur passend, dass einer der Zeichner bei dem Projekt Tim Burton war. Mit «Basil, der grosse Mäusedetektiv» gab es eine Sherlock-Holmes-Geschichte und «Oliver & Co» adaptierte Charles Dickens’ Geschichte von Oliver Twist. Aber Disney musste sich die Frage gefallen lassen, ob das Studio noch relevant war. Denn in den 80er-Jahren kamen einige Konkurrenzfilme, z.B. aus dem Studio Ghibli auf den Markt, die die Produktionen von Disney altbacken und müde erscheinen liessen. Erst mit «Arielle, die Meerjungfrau» (1989) hatte das Studio wieder allumfassenden Erfolg.

1990-1999: Das zweite Goldene Zeitalter

«Arielle, die Meerjungfrau» leitete in ein Jahrzehnt über, in dem die Firma praktisch nichts falsch machte. Die Fortsetzung «Bernard und Bianca im Känguruland» (1990) mag noch der unscheinbarste Film aus dieser Zeit sein, mit «Die Schöne und das Biest» (1991) gab es den ersten gigantischen Erfolg des Jahrzehnts, dem «Aladdin» (1992), «Der König der Löwen» (1994), «Pocahontas» (1995), «Der Glöckner von Notre Dame» (1996), «Hercules» (1997), «Mulan» (1998), «Tarzan» (1999) und «Fantasia 2000» (1999) folgten. Fast jedem dieser Filme liess Disney in den letzten Jahren ein Realfilm-Remake folgen.

2000-2004: Abschied vom Zeichentrick

«Dinosaurier» (2000) war der erste computeranimierte Film des Studios, die nächsten sechs entstanden dann aber wieder mit klassischem Zeichentrick. Die Zeit dieser Kunstform ging jedoch zu Ende, auch forciert durch die Disney-Tochter Pixar, die mit ihren computeranimierten Filmen grosse Erfolge hatte. Der letzte Zeichentrickfilm des Studios war «Die Kühe sind los» (2004), der zum Flop geriet. In den Jahren schaffte nur ein Film, an die Erfolge von einst anzuknüpfen: «Lilo & Stitch» (2002).

2005-2023: Disney erfindet sich neu

Das Studio schwenkte zur Computeranimation über – mit überschaubarem Erfolg. Nach drei halbgaren Filmen war es der Märchenfilm «Küss den Frosch» (2009), der bei Publikum und Kritik gut ankam. Dem folgte sogleich «Rapunzel – Neu verföhnt» (2010). Disney setzte fortan auf Computeranimation und hatte mit «Die Eiskönigin – Völlig unverfroren» (2013) einen gigantischen Hit, dem 2019 ein Sequel folgte – fürs Kino. Denn meist war und ist es bei Disney so, dass Fortsetzungen der grossen Kinohits mit kleinerem Budget für den Heimkinomarkt umgesetzt werden. Ungewöhnlich im jüngeren Disney-Oeuvre ist auch «Baymax – Riesiges Robowabohu» (2014), der die gelungene Verfilmung eines recht obskuren Superhelden-Comics von Marvel ist.

Mit den letzten Filmen, darunter «Encanto» (2021) und «Strange World» (2022) hatte Disney keinen Erfolg. Die Pandemie machte dem Studio zu schaffen, da Filme ohne grosse Kinoverwertung zum eigenen Streaming-Dienst geschoben wurden, damit aber auch ein anderes Sehverhalten des Publikums konditioniert wurde. Im Folgenden gingen scheinbar weniger Familien ins Kino, um die grossen Disney-Filme zu sehen. Ob sich das nun ändert, wird sich mit dem jüngsten Animationsfilm «Wish» zeigen.

«Wish» ist seit dem 30. November in den Kinos zu sehen.

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