Artikel21. Mai 2024

Nimm das! Die wichtigsten Actionheldinnen der Kinogeschichte

Nimm das! Die wichtigsten Actionheldinnen der Kinogeschichte
© Warner Brothers Switzerland

Die Zeiten ändern sich. Auch im Kino wird Diversität inzwischen mehr gelebt. Am Ziel ist die Filmindustrie aber noch lange nicht. Eine ausgewogene Repräsentation, Chancengleichheit? Der Weg dahin ist mühsam – wie ein Blick auf die Actionspielwiese beweist. Den Start von George Millers Endzeitkracher «Furiosa: A Mad Max Saga» wollen wir nutzen, um ein paar eindrucksvolle Actionheldinnen vorzustellen.

von Christopher Diekhaus

Ellen Ripley als Vorbild

Mit der von Sigourney Weaver verkörperten Ellen Ripley tauchte in Ridley Scotts Scifi-Horror-Meilenstein «Alien» bereits vor 45 Jahren eine einprägsame Actionprotagonistin auf. Keine Superheldin, der alles zufliegt, sondern eine Frau aus Fleisch und Blut, die sich an Bord eines Raumschiffes plötzlich einem mörderischen ausserirdischen Gast gegenübersieht und langsam in ihre Rolle als Überlebenskämpferin hineinwächst. Verzweifelt, standhaft, klug abwägend, aber auch zupackend – Scott, seine Autoren und die Hauptdarstellerin entwarfen ein erfrischend mehrschichtiges Porträt, das im Nachfolger «Aliens - Die Rückkehr» (1986) noch um Mutterinstinkte erweitert wird. Ellen Ripley diente als Blaupause, setzte Massstäbe. Und doch waren weibliche Figuren im Spektakel- und Abenteuerkino in der Folgezeit weiterhin eher die Ausnahme als die Regel.

Sigourney Weaver als Ellen Ripley in «Alien» © IMDb

Prägenden Eindruck hinterliess neben Weavers zäher Astronautin auch die von Gale Anne Hurd und James Cameron erdachte Sarah Connor (Linda Hamilton), die in «Terminator» (1984) vor einem Killerroboter aus der Zukunft fliehen muss. Dieser will verhindern, dass sie den Jungen zur Welt bringt, der einmal den Widerstand der Menschen gegen die alles beherrschenden Maschinen anführen wird. Profil bekommt diese Actionheldin vor allem in «Terminator 2 - Tag der Abrechnung» (1991), wo sie nach dem Ausbruch aus einer Psychiatrie mit aller Entschlossenheit gegen eine gefährliche künstliche Intelligenz vorgehen will. Linda Hamiltons letzter Einsatz als Sarah Connor erfolgte 2019 in «Terminator: Dark Fate», der an den zweiten Teil der Saga anknüpft.

Schaut man auf weibliche Hauptfiguren im Actiongenre, stechen wiederkehrende thematische und motivische Spielarten ins Auge. Eine davon: die Frau als vom Staat abgerichtete Killerin. «Nikita» (1990) etwa erzählt von der drogenabhängigen Titelheldin (Anne Parillaud), die nach einem aus dem Ruder gelaufenen Einbruch mit Todesfolge in die Fänge einer geheimdienstlichen Spezialabteilung gerät und zu einer Sonderagentin ausgebildet wird. Der Wunsch nach einem normalen Leben und ihr Berufsalltag als Mörderin kollidieren, erwartbar, auf fatale Weise.

Linda Hamilton in «Terminator 2 - Tag der Abrechnung» © IMDb

Superheldinnen mit eigenen Geschichten

Erinnerungen an «Nikita» weckt der knallharte südkoreanische Thriller «The Villainess» (2019), in dem eine schon früh als Tötungsmaschine agierende junge Frau (Kim Ok-vin) von einer Regierungsbehörde in eine Schläferin verwandelt wird – Schönheitsoperationen inklusive. Die Charakterzeichnung bleibt zwar etwas an der Oberfläche. Für Staunen sorgen aber immer wieder die ausgeklügelten Kampfsequenzen. Überhaupt tummeln sich im asiatischen Kino, vor allem dem Martial-Arts-Bereich, einige denkwürdige Actionheldinnen. Beispielhaft ist Michelle Yeohs Schwertmeisterin Yu Shu Lien in Ang Lees preisgekröntem Film «Tiger & Dragon» (2000), der eine romantische Geschichte mit Märchenanklängen und tänzerischen, die Schwerkraft bezwingenden Stunteinlagen verbindet.

Michelle Yeoh und Ziyi Zhang in «Tiger & Dragon» © IMDb

Der Erfolg von Comicadaptionen hat in den letzten Jahren endlich auch einige Superheldinnen in Soloabenteuern auf die grossen Leinwände katapultiert. Diana Prince alias Wonder Woman (Gal Gadot) machte in Patty Jenkins«Wonder Woman» (2017) den Anfang, setzte ihre Emotionalität gewinnbringend ein und avancierte in diesem Blockbuster zu einer Hoffnungsträgerin in einer vom Krieg zerrissenen Welt. Schlagfertig, selbstbewusst und durchsetzungsfähig zugleich präsentierte sich Carol Danvers alias Captain Marvel (Brie Larson) in Anna Bodens und Ryan Flecks gleichnamiger, 2019 veröffentlichter Origin-Story. Trotz mitreissender Darbietungen wirken beide Charaktere jedoch nicht so ausgefeilt wie etwa Ellen Ripley. Warum? Ganz einfach: Die Superkräfte überlagern leicht die anderen Facetten der Figuren.

Beim Blick auf die Actionheldinnen im Kino drängen sich ferner zwei weitere Elemente bzw. Erzählbausteine auf: die Rebellion gegen ein brutales, patriarchales Unterdrückungssystem und die Rache für den Mord an einem geliebten Menschen. In den «Die Tribute von Panem»-Verfilmungen rund um Katniss Everdeen spielt Jennifer Lawrence eine Teenagerin, die in einer dystopischen Welt an einem grausamen Überlebenswettkampf zur Belustigung der Massen teilnimmt und darüber zu einer für den Staat gefährlichen Rebellin wird. Rauer Survival-Thrill, Intrigen, mediale Propaganda und ein Schuss Liebe vermischen sich hier zu einem verführerischen Mainstream-Cocktail.

Jennifer Lawrence in Die Tribute von Panem - Mockingjay: Teil 2 © IMDb

Beherzte Selbstermächtigung

Rachegedanken treiben unter anderem die Protagonistinnen von «Wer ist Hanna?» (2011) und «Revenge» (2017) an. Ersterer handelt von einer jungen Frau, die von ihrem Vater, einem Ex-CIA-Agenten, zu einer Killermaschine geformt wurde, um eines Tages die Mörderin ihrer Mutter zur Strecke bringen zu können. Ein spektakulär inszenierter Film, zwischen Thriller und Coming-of-Age-Drama oszillierend, dem Saoirse Ronan mit einer intensiven Performance in der Titelrolle ihren Stempel aufdrückt. Gross aufspielen kann auch Matilda Lutz in Coralie Fargeats stylisch-gewitztem, Geschlechterklischees wild durcheinanderwirbelnden Regiedebüt «Revenge». Nach einer Vergewaltigung mutiert die weibliche Hauptfigur hier zu einem mythisch aufgeladenen, toxische Männlichkeit schonungslos bestrafenden Racheengel.

Charlize Theron in «Mad Max: Fury Road» © Warner Brothers Switzerland

Den Kampf gegen einen repressiven, Frauen zu Objekten degradierenden Apparat und die Sehnsucht nach Vergeltung verbindet George Miller auf hochgradig energetische Weise in «Mad Max: Fury Road» (2015), dem vierten Teil seiner mit «Mad Max» (1979) gestarteten Endzeitreihe. Darin zu bestaunen: Charlize Theron als einarmige Überlebenskämpferin Imperator Furiosa, die sich den Anweisungen eines tyrannischen Herrschers widersetzt und einen Fluchtversuch unternimmt, der in eine irre Nonstop-Hatz durch die dystopische australische Wüste mündet. Kinetik pur, die auch in der Darbietung Therons wunderbar zum Tragen kommt.

Im nun anlaufenden Prequel «Furiosa: A Mad Max Saga», dem ersten Film ohne Mad Max, sind Selbstermächtigung und Rache noch zentraler. Furiosas Vorgeschichte entfaltet sich als nervenaufreibender Spiessrutenlauf, bei dem die Protagonistin schon als Kind (Alyla Browne) einiges an Cleverness und Mut demonstriert. Auch wenn Franchiseschöpfer Miller die emotionale Reise seiner Heldin nicht ganz sauber ausarbeitet, haben wir es mit einer interessanten Persönlichkeit zu tun. Anya Taylor-Joy, die Furiosa als junge Frau darstellt, spielt in Grossaufnahmen gekonnt mit der Ausdruckskraft ihrer markanten Augen und gibt, trotz ihrer nicht gerade einschüchternden Physis, in den wahnwitzig choreografierten Kampf- und Jagdpassagen eine überzeugende Figur ab. Was einmal mehr belegt: Fesselndes Actionkino funktioniert auch ohne ein Testosteronkraftpaket im Zentrum.

«Furiosa: A Mad Max Saga» ist ab dem 23. Mai 2024 in den Deutschschweizer Kinos zu sehen.

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