Interview

Wolfgang Petersen: «Überall einfach nur Blut, Schweiss und Tränen»

Interview: Portmann Media

Der Regisseur erklärt seine Faszination für das nasse Element und meint, dass Wasser die zerstörerischste Kraft auf der Erde sei.

Wolfgang Petersen: «Überall einfach nur Blut, Schweiss und Tränen»

Q: In «Poseidon» hatten alle Schauspieler ihre Momente, wo sie etwas in Panik gerieten oder zumindest Angst bekommen haben. Wie brachten Sie die Schauspieler dazu? Gehen Sie zu den Schauspielern, reden mit ihnen und schicken sie dann ins Wasser?A: (lacht) Nun, als Regisseur muss man alle möglichen Knöpfe drücken, um das beste Resultat zu erhalten. Und manchmal erfordert das, dass man wirklich nett ist, oder wie ein Vater oder ein Psychiater ist. Doch dann sagt man ihnen auch: «Schau mal, was du eben gerade geboten hast. Schau in den Monitor, das bist wirklich du, schau, was in deinem Gesicht passiert. Was rüber kommt, ist wirklich extrem stark.». Ausserdem ist es eine gruppenpsychologische Sache. Wenn in der Gruppe zwei, drei Leute sagen: «O.k., ich mache es», dann tun es die anderen auch. Es ist ein gegenseitiges Hochwiegeln.Q: Wenn er es tut, mache ich es auch!A: Genau, wenn er es tut, muss ich es auch tun. Und ich bin auch sehr stolz auf die Männer und Frauen, vor allem auf die Frauen. Wir hatten ja drei von ihnen. Und auch der Junge. Sie alle waren toll. Das Publikum wird es sehr schätzen: Überall einfach nur Blut, Schweiss und Tränen. Und es sind immer sie selber.Q: Das muss auch Spass gemacht haben. Es gelingt Ihnen, zu erkennen, welche Situationen aus dem Alltag dramatisch sind und welche nicht. Und dennoch entscheiden Sie sehr nüchtern, wo mehr Action sein müsste und wo mehr Special Effects... Wie viel haben Sie diesbezüglich experimentiert?A: Nun, man kann nicht allzu viel herumexperimentieren, da man dafür sehr viel Planung vornehmen muss. Andernfalls gerät man sehr schnell in eine chaotische Situation. Und ich war schon in einer solchen bei diesen grossen Filmen. Es ist sehr viel Planung. Bevor wir mit dem Drehen anfangen, kommen zunächst etwa sechs bis acht Monate sehr sorgfältiges Planen und Arbeiten mit Storyboards und Animationen, um zu sehen, wie alles wirkt. Denn dann braucht es sehr viel Zeit, um die Sets und die Effekte herzustellen. Es ist ein sehr langwieriger aber wundervoller Prozess.Q: Vorher, währenddem und nachher.A: Genau.Q: Wieso fasziniert Sie das Wasser so sehr? «Poseidon» ist schliesslich bereits Ihr dritter Film mit diesem Element.A: Die Frage ist berechtigt. Wasser ist so dramatisch und eine unglaubliche Kraft. Die grösste Kraft, die zerstörerischste Kraft auf der Erde ist Wasser. Und auch beim Tsunami... Als ich das gesehen habe: Eine grosse Welle kommt da angerollt und zerstört alles auf ihrem Pfad. Es ist wie ein riesiges, gigantisches Monster. Wasser ist sehr dramatisch, weil es so furchteinflössend ist, so zerstörerisch. Storytechnisch: Wenn man Dramaturgie erzeugen möchte, kann man sich nichts besseres denken.Q: Sie arbeiten mit hochstehender Technologie. Macht es das Resultat besser?A: Ja. «Poseidon» war wirklich eine sehr kontrollierte Produktion. Und die Bilder sehen so realistisch, beinahe befremdend realistisch aus. Es hat schon sehr viel mit visuellen Effekten zu tun, mit dem, was heute einfach möglich ist. Und das ändert sich ständig. Würden wir in zwei, drei Jahren reden, ist schon eine ganz andere Welt da draussen. Und was dann alles möglich wäre... Es ist unglaublich.

12. Juli 2006

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