Interview

Kurt Russell: «Ich vergesse immer, dass es nach jedem Film wieder passiert»

Interview: Portmann Media

Der Mann, der Snake Plïssken in «Escape from New York» war, erzählt, dass er gerne Actionszenen spielt und in seinem ganzen Leben nur an einer handvoll Filmpremieren dabei war.

Kurt Russell: «Ich vergesse immer, dass es nach jedem Film wieder passiert»

Q: In «Poseidon» stellen Sie einen Vater dar, der seine Tochter instinktiv vor allem beschützt. Mit seiner schwerfälligen Art ist er dabei sehr reizend.A: Unglücklicherweise ist es kein Instinkt von ihm, seine Tochter zu beschützen. Er wurde so, weil er sich schuldig fühlt, da er in seiner Zeit als Bürgermeister von New York zu wenig Zeit für sie hatte. Als ehemaliger Feuerwehrmann ist er es sich auch gewohnt, anderen Leuten das Leben zu retten. Dies war der gute Teil seines Lebens. Weniger gut lief es, als er als Bürgermeister von New York überhaupt nicht erfolgreich war und auch seine Frau verlor. Erst als alleinerziehender Vater hat er dann gemerkt, wer seine Tochter überhaupt ist. Er unternimmt die Kreuzfahrt mit ihr, weil er dem beruflichen Druck entkommen und seine Tochter besser kennen lernen will. Es kommt also wirklich von seinen Schuldgefühlen her, dass er sich so um sie sorgt, und nicht von seinem Beschützerinstinkt. Er lernt auf der Fahrt auch, dass der Mann, mit dem sie zusammen sein will, ein ganz netter Kerl ist.Q: «Poseidon» ist ein Film, bei dem die Hintergrundgeschichte Ihrer Rolle grösser ist als die Rolle selber. Die Forschungen rund um dieses Schiff sind jedoch noch grösser als der Film. Fanden Sie das interessant?A: Ja, denn man macht verschiedene Filme aus unterschiedlichen Gründen. Diesen habe ich gemacht, weil ich einmal mit Wolfgang Petersen zusammenarbeiten wollte. Ich habe nicht mitgemacht, weil es ein Remake von «Poseidon» ist, auch nicht, weil es weder eine tolle Rolle ist, noch weil ich das Drehbuch besonders mag. Ich wollte einfach die Erfahrung machen, mit Wolfgang zu arbeiten. Ich finde, dass er eine spezielle Intensität und Authentizität in seine Filme bringt. «Poseidon» ist ein Paradebeispiel dafür. Q: Ist es nicht schwierig, Actionszenen zu drehen und dazu seine Rolle zu spielen? Sie haben ja die Durchführung der Sequenzen nicht vollständig unter Kontrolle.A: Man reagiert einfach auf das Unbekannte. Wenn man einen Actionfilm dreht, ist nicht ein spezifischer Stunt wichtig, sondern die Aktivität oder das Verhalten, das dahinter steht. Es kommt dabei ganz auf den Schauspieler an. Man muss aber auch etwas vom Charakter der Figur einfangen. Das macht Wolfgang gerne. Er will von seinen Schauspielern ein bestimmtes Verhalten sehen. «Poseidon» ist dabei jedoch etwas anders, denn man sieht einige menschliche Verhaltensweisen, die doch ziemlich extrem sind. Man sieht, wie die Menschen wirklich sind.Q: Beim Dreh ist wahrscheinlich auch das viele Wasser nicht zu unterschätzen?!A: Es war interessant, auf völlig überschwemmten Sets zu arbeiten, die auf dem Kopf stehen und sechs Meter unter Wasser liegen. Das machte aber unter anderem die Kommunikation sehr schwierig. Am Ende eines Drehtages war man dann froh, wenn man wieder an die frische Luft konnte, denn während dem Arbeiten blieb keine Zeit, um einmal an die Oberfläche zu gehen. Unter diesen Voraussetzungen musste man sich auch auf seine Mitarbeiter verlassen können.Q: In Ihrer Karriere haben Sie einige fantastische Actionfilme gedreht, die Sie physisch sehr gefordert haben. Haben Sie das immer genossen?A: Ich mag die physische Belastung beim Schauspielern. Ich glaube auch, dass der Körper ein wichtiger Teil der menschlichen Natur ist. Wie sich Leute bewegen und warum sie es tun, was sie unternehmen, um ihren Körper in Form zu bringen oder zu halten. Der Körper ist unser Instrument, um unsere Seele und unseren Intellekt auszudrücken. Das kann man am Gesichtsausdruck, den Augen und der Art, wie wir sprechen, erkennen. Deshalb mag ich es sehr, mit meinem Körper zu schauspielern und meinen jeweiligen Charakter auch durch sein körperliches Verhalten darzustellen. Q: Ich habe Sie an der Premiere von «Poseidon» gesehen. Was ist Ihr Geheimnis, damit Sie den Auftritt auf dem roten Teppich richtig geniessen können?A: Nun, man muss den Wahnsinn des Moments geniessen. Das ist es, wofür wir bezahlt werden. Wir werden nicht nur dafür bezahlt, die Filme zu drehen, sondern auch für die Arbeit danach. Es ist aber immer eine komische Situation und ich vergesse immer, dass es nach jedem Film wieder passiert. Ich war deshalb in meinem Leben nur bei vier oder fünf Openings dabei. Ich habe immer gesagt, es sei besser für die Präsentation des Films, wenn ich nicht dabei bin. Das ist mir mittlerweile etwas peinlich. Deshalb gehe ich jetzt einfach aus reinem Vergnügen an diese Anlässe.

15. Juni 2006

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