Interview

Emmy Rossum: «Von Frisur und Make-up konnte da keine Rede sein»

Interview: Portmann Media

Die ehemalige Opernsängerin war beim Dreh von «Poseidon» stets schmutzig und triefend nass – und fand das ganz formidabel.

Emmy Rossum: «Von Frisur und Make-up konnte da keine Rede sein»

Q: In «Poseidon» sind Sie die Tochter eines sich schuldig fühlenden Vaters mit ausgeprägtem Beschützerinstinkt. War es für Sie angenehm, dass Kurt Russell diese Rolle so gut verstand?A: Ja, es war grossartig. Mein Charakter ist sehr speziell. Einerseits ist da die Beziehung zu ihrem alleinerziehenden Vater, den sie über alles liebt. Andererseits hat sie sich in einen jungen Mann verliebt, der sie gefragt hat, ob sie ihn heiraten will. Sie ist hin- und hergerissen von den Gefühlen für die beiden wichtigsten Männern in ihrem Leben.Q: Die Hintergrundgeschichte Ihrer Rolle ist grösser als die Rolle selber. Sie müssen dabei mit wenigen Worten Ihre Rolle und die Beziehung zu ihrem Vater erklären. War es interessant, all dies in so kurzer Zeit zu bewerkstelligen?A: Ja, definitiv. Normalerweise hat man in einem Film zwei Stunden Zeit, um die Entwicklung einer Figur über mehrere Monate oder Jahre hinweg zu zeigen. In «Poseidon» sieht man, was jemand in nur gerade zwei Stunden seines Lebens durchmacht. Auch wenn dies wohl die wichtigsten Stunden in seinem ganzen Leben sind. In dieser Zeit wird so viel entschieden: Wer lebt, wer stirbt, welche Personen man für sein Weiterkommen benötigt und so weiter. Das zu zeigen, war sehr interessant, vor allem weil meine Charakterfigur ein sogenannt «echtes» Mädchen ist. Normalerweise sieht man in Hollywoodfilmen mehr actionlastige Rollen, die aus einem Videogame stammen könnten. «Poseidon» zeigt ein junges Mädchen, das zwar stark und tapfer, aber gleichzeitig auch sehr feminin und verliebt ist. Es war sehr cool, das zu spielen.Q: Reden wir noch über Glamour und Make-up bei diesem Film...A: Oh, das kann man glatt vergessen! (lacht) Es war sehr schön, von einem Film wie «Phantom of the Opera», wo Kostüme, Frisur und Make-up sehr wichtig waren, zu «Poseidon» zu kommen, der von all diesen Sachen befreit war. Ich war beim Drehen immer schmutzig und klatschnass. Von Frisur und Make-up konnte da keine Rede sein. Das war schön und vor allem eine tolle Abwechslung.Q: Hatten Sie denn nur ein einziges, identisches Kostüm?A: Nein, es gab etwa 20 Versionen der gleichen Kleider. Die reichten von brandneu bis hin zu zerrissen, verbrannt und völlig kaputt. Da steckte eine Weiterentwicklung dahinter. (lacht) Q: Am Set drehte sich alles um Wasser, Action und viele Schauspieler gleichzeitig. Verliert man sich da nicht in den Details, die einen umgeben?A: Ich versuche in grossen wie auch in kleinen Filmen meiner Charakterfigur und deren Entwicklung so viel Aufmerksamkeit wie möglich zu schenken. Manchmal sind dann im fertigen Film nicht alle Szenen und Entwicklungen zu sehen. Aber so funktioniert das halt.Q: Wenn Sie jeweils etwa fünf Stunden am Stück im Wasser waren, dachten Sie dann nicht manchmal: «Ich möchte nur Sängerin sein, was mache ich eigentlich hier?».A: Doch, die ganze Zeit. (lacht) Im Ernst, klar nehme ich zurzeit mein erstes Pop-Album auf und denke natürlich viel darüber nach. Und wenn man sich zehn Meter unter Wasser befindet, denkt man schon manchmal, was das Ganze eigentlich soll. Gleichzeitig habe ich aber auch gedacht, wie grossartig es ist, dass ich meine Stunts selber machen konnte. Das macht das Ganze viel realer und ich kann auch erzählen, dass ich es selber gemacht und nicht ein Stunt-Double verwendet habe. Q: Sie haben mit einigen Regisseuren zusammengearbeitet, die immer sehr genaue Vorstellungen davon haben, was sie tun. Das waren beispielsweise Roland Emmerich, Joel Schumacher und nun Wolfgang Petersen. Wie gross ist der Einfluss solcher Leute auf Ihre Entwicklung als Schauspielerin und die Auswahl der Regisseure? Insbesondere, da Sie so früh damit begonnen haben.A: Es half mir, einen Regisseur zu suchen, der eine klare Vision von seinem Film hat und genau weiss, was er will. Ich lernte auch, das zu respektieren und Personen zu schätzen, die gut mit anderen Leuten umgehen können. Vor allem nach «Phantom of the Opera». Dieser Film war sehr glamourös, mit fast zahllosen Kostümen, Frisuren und sehr viel Make-up. Diese drei Dinge haben fast den ganzen Film hochgehalten. «Poseidon» war da mehr ein Gemeinschaftswerk, wo ich nur ein Teil des Puzzles war. Das war sehr interessant und eine enorm lehrreiche Zeit für mich.Q: Sie haben derzeit ein sehr abwechslungsreiches Leben. Da waren Ihre Auftritte in der Oper, dann haben Sie auch Ihre Pop-Karriere angesprochen und Filme drehen Sie auch noch. Ist es das, was Sie schon immer machen wollten? Und warum haben Sie sich beim Singen – mit welchen Sie ja als erstes begonnen haben – auf Pop und nicht auf die Oper konzentriert?A: Ich habe so viele Jahre im Bereich der klassischen Musik verbracht, wo mir immer gesagt wurde, wie es gemacht werden muss. Ich habe das lange genug gemacht und wollte nun etwas Jüngeres mit mehr Tempo machen. Das passt mehr zu mir und ich kann auch in meinen eigenen Worten singen. Hinzu kommt, dass ich so selber noch besser erforschen und kennen lernen kann. Ich wollte sowieso schon immer verschiedene Sachen machen. Wie beim Film zuerst «Phantom of the Opera» und dann «Poseidon». Das ist ein wunderbarer Mix. Jetzt kommen noch meine Popmusik-Aufnahmen. Ich möchte auch die Leute in meinem Alter verbinden. Dies ist mein Weg, um dies zu versuchen.

21. Juni 2006

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