Artikel5. Januar 2024

Nicht aufgeben! 8 Survival-Filme nach wahren Begebenheiten

Nicht aufgeben! 8 Survival-Filme nach wahren Begebenheiten
© QUIM VIVES | NETFLIX

Wozu sind Menschen im Angesicht des Todes fähig? Als Medium der grossen Held:innen liebt das Kino Survival-Storys und Erzählungen über den Willen zu kämpfen. Besonders packend sind dabei Geschichten mit realem Hintergrund. Geschichten, die uns versichern, dass wir selbst in extremen Notlagen unglaubliche Kräfte entwickeln können. Zum Netflix-Start des Katastrophendramas «Die Schneegesellschaft» stellen wir euch 8 tatsachenbasierte Survival-Filme vor.

von Christopher Diekhaus

1. «Die Schneegesellschaft» (2023): Das Wunder der Anden

Im Oktober 1972 stürzte ein Flugzeug mit einer uruguayischen Rugbymannschaft an Bord in den Anden ab. 12 von insgesamt 45 Insassen starben beim Crash, einige andere nur wenig später. Die Überlebenden mussten sich, wollten sie in eisiger Höhe nicht verhungern, irgendwann von den Toten ernähren. Rettung gab es am Ende nur für 16 Personen. Diese als «Wunder der Anden» in die Geschichtsbücher eingegangene Begebenheit diente bereits Frank Marshalls Hollywood-Produktion «Überleben!» (1993) als Vorlage.

Juan Antonio Bayona, der schon mit dem Tsunami-Drama «The Impossible» (2012) eine wahre Katastrophe für die Leinwand aufbereitet hatte, legte 2023 beim Festival von Venedig eine neue Rekonstruktion der Geschehnisse vor. «Die Schneegesellschaft» basiert auf dem gleichnamigen Buch von Pablo Vierci und entstand als spanisch-uruguayisch-chilenische Koproduktion.

Technisch beeindruckend arrangiert, erzählt der mit unbekannten Darstellern besetzte Film vorwiegend aus der Perspektive des Jurastudenten Numa Turcatti (Enzo Vogrincic). Obwohl die meisten Figuren nur wenig Profil erhalten, baut Bayona über intensive Momente des Nachdenkens und Austausches eine besondere Nähe auf. Das nötige Feingefühl beweist der Regisseur auch im Umgang mit dem Thema Kannibalismus. Nie driftet «Die Schneegesellschaft» ins Spekulative ab. Gleichzeitig wird das Leiden der Abgestürzten aber auch nicht beschönigt. Vielmehr bekommen wir immer wieder die Lebensfeindlichkeit der verschneiten Bergwelt zu spüren.

Verfügbar auf Netflix

2. «The Revenant - Der Rückkehrer» (2015): Leonardo DiCaprios Parforceritt

Lange hatte Leonardo DiCaprio dafür gearbeitet, einen Oscar entgegennehmen zu dürfen. 2016 war es endlich so weit. Nach mehreren erfolglosen Anläufen wurde ihm die Ehre für seine kräftezehrende Darbietung in Alejandro González Iñárritus Survival-Western «The Revenant - Der Rückkehrer» zuteil. Zu sehen ist der risikofreudige Hollywood-Star hier als Trapper Hugh Glass. Nach einem Bärenangriff schleppt sich dieser schwer verletzt durch die Wildnis, um den Mann (Tom Hardy) zu finden, der seinen Sohn (Forrest Goodluck) ermordet und den Pelztierjäger sterbend zurückgelassen hat.

Nicht ganz zu Unrecht warfen einige Kritiker Iñárritus preisgekröntem Film Grössenwahn und einen Hang zur Übertreibung vor. Unbestreitbar ist jedoch, dass sein Abenteuerepos eine raue, unbändige Wucht entfaltet. Zwischen imposante Naturbilder mischen sich regelmässig metaphysische Impressionen. Das Schicksal der indigenen Bevölkerung Amerikas blitzt mehrfach auf. Und über allem thront DiCaprios unerschrockene Die-Elemente-können-mir-nichts-anhaben-Performance, die gewaltig an die Nieren geht.

Verfügbar auf Netflix und Disney+

3. «Rescue Dawn» (2006): Dem Dschungel die Stirn bieten

Der Mensch gegen die Kräfte der Natur – in vielen seiner Werke hat sich Werner Herzog diesem Kampf verschrieben. Ausgehend von seiner eigenen Dokumentararbeit «Little Dieter Needs to Fly» (1997) rückt er das Ringen mit der Natur auch im Spielfilm «Rescue Dawn» in den Mittelpunkt. Dieter Dengler (Christian Bale), ein in Deutschland geborener, in die USA emigrierter und dort zum Kampfpiloten ausgebildeter Mann, wird während des Vietnamkriegs über Laos abgeschossen und landet zunächst in einem Gefangenenlager. Von dort gelingt ihm und einigen Mitinsassen die Flucht in den Urwald, die allerdings nur Dengler überlebt.

«Rescue Dawn» ist wahrscheinlich einer der eingängigsten Filme Herzogs. Einmal mehr beweist der verschrobene Regisseur allerdings, wie stimmungsvoll und bedrohlich er ein urwüchsiges Setting inszenieren kann. Mit dem für seine Hingabe an seine Rollen bekannten Christian Bale stand ihm dabei genau der richtige Schauspieler zur Verfügung. Nicht zuletzt seine intensive Darbietung – der gebürtige Waliser nahm für den Part merklich ab – macht Denglers Überlebenskampf zu einer mitreissenden Passionsgeschichte.

Verfügbar on Demand auf Apple TV+

4. «127 Hours» (2010): An den Felsen gekettet

Survival-Filme leben häufig von kraftvollen Schauspielleistungen. So auch im Fall von «127 Hours». James Franco, dessen Karriere wegen Vorwürfen der sexuellen Nötigung in den letzten Jahren quasi zum Erliegen kam, verkörpert in Danny Boyles Extremabenteuer den Bergsteiger Aron Ralston, der 2003 fünf Tage lang in einem Canyon in Utah von einem Felsbrocken eingeklemmt war. Bei einem solchen Szenario wenig verwunderlich, rückt die Kamera dem Hauptdarsteller ständig auf die Pelle, bemüht sich, jede Regung einzufangen. Franco schultert den Film ohne Probleme.

Dass man Ralstons in eine Selbstamputation mündenden Befreiungsversuche gebannt verfolgt, liegt aber auch an der energiegeladenen Inszenierung. Aus der Enge und der begrenzten Situation holt Boyle ein Maximum an Dynamik heraus. Erweitert wird der Überlebenskampf durch Einschübe wie Rückblenden und Halluzinationen, die die psychische Verfassung des Protagonisten unterstreichen sollen.

Verfügbar auf Disney+

5. «12 Years a Slave» (2013): Plötzlich Sklave

Schon vor «12 Years a Slave» wurde das Grauen der Sklaverei im US-Kino beschrieben. Doch nur selten erstand dabei ein derart erschütterndes, eindringliches Werk. Steve McQueens mehrfach Oscar-prämierter Film basiert auf den Memoiren des Afroamerikaners Solomon Northup, gespielt von Chiwetel Ejiofor, der Mitte des 19. Jahrhunderts in den Nordstaaten mit seiner Familie als freier Bürger lebt. Sklavenjäger entführen den Geiger jedoch in die Südstaaten, wo er auf Umwegen an einen brutalen Plantagenbesitzer (Michael Fassbender) gelangt.

«12 Years a Slave» erzählt keine durch Grosstaten gekennzeichnete Heldengeschichte, sondern schildert auf konzentriert-bedächtige Weise Northups Ringen mit einem erbarmungslosen System der Entmenschlichung. Vor schwer auszuhaltenden Bildern scheut McQueen nicht zurück. Zu einer selbstzweckhaften Foltershow verkommt seine Filmbiografie allerdings zu keinem Zeitpunkt. Ohne auf billige sentimentale Mittel zurückzugreifen, arbeitet das Drama eindrücklich heraus, dass manche Menschen selbst unter widrigsten Bedingungen ihren Glauben bewahren können und sich nicht brechen lassen. Schwer in Worte zu fassen, wie viel Kraft all das den echten Solomon Northup gekostet haben muss.

Verfügbar on Demand auf Google Play und Apple TV+

6. «Sully» (2016): Der Held von nebenan

Im Januar 2009 landete der Pilot Chesley Sullenberger, kurz Sully genannt, nach einer Kollision mit Wildgänsen ein Passagierflugzeug im Hudson River bei New York und verhinderte dadurch eine Katastrophe. Eben diese Geschichte ging damals um die Welt und machte offenbar auch auf Altmeister Clint Eastwood mächtig Eindruck. 2016 kam das von ihm inszenierte Drama «Sully» in die Kinos, das sich ganz auf den titelgebenden Flugkapitän und seine Erlebnisse während und nach der Notwasserung konzentriert.

Tom Hanks, Hollywoods Mann von nebenan, gibt diesem bescheidenen Normalbürger, der plötzlich ins Rampenlicht rückt, ein glaubwürdiges Gesicht. Eastwoods Aufarbeitung verfällt manchmal ins Plakative, zeichnet insgesamt aber das spannende Bild eines Piloten, dem sein beherztes Handeln gleich in mehrfacher Hinsicht zu schaffen macht. Psychisch nehmen ihn die Geschehnisse mit, wie Albträume, das Mienenspiel von Hanks und eine mitunter anschwellende Soundkulisse verdeutlichen. Noch dazu muss Sullenberger sein Manöver vor einem Untersuchungsausschuss verteidigen. Der Überlebenskampf spielt sich in «Sully» im Spannungsfeld zwischen den wirkungsvoll inszenierten Turbulenzen und dem nüchtern-präzisen Vorgehen des Kapitäns ab, der sich im Angesicht eines drohenden Unglücks auf seine Fähigkeiten und seine Erfahrung verlässt. Ein Survival-Film der etwas anderen Art.

Verfügbar auf Netflix

7. «Der grosse Trip - Wild» (2014): Überleben dank Sinnsuche in Wildnis

Der rauen Natur entkommen, um zu überleben – davon handeln viele Survival-Filme. In «Der grosse Trip – Wild» ist es dagegen genau umgekehrt, Jean-Marc Vallées Regiearbeit über die Erfahrungen der US-Amerikanerin Cheryl Strayed zeigt die Wildnis trotz aller Gefahren als einen Rettungsanker, an den sich die von Reese Witherspoon gespielte Protagonistin klammert, als ihr Leben endgültig auseinanderzubrechen droht. Von Schicksalsschlägen und Drogenexzessen gebeutelt, lässt Strayed alles hinter sich, um auf dem Pacific Crest Trail, einem Fernwanderweg im Westen der USA, wieder zu sich zu finden.

Auch wenn klassische Erlösungsmotive auftauchen, schlägt das Abenteuerdrama nur selten sentimentale Töne an. Bereichernd sind vor allem die immer wieder eingestreuten komischen Momente auf der entbehrungsreichen Reise. Die emotionale Achterbahnfahrt, die die von Witherspoon facettenreich porträtierte Cheryl Strayed durchlebt, spiegelt sich in einer wechselhaften, betörend fotografierten Landschaft wider.

Verfügbar auf Disney+

8. «Into the Wild» (2007): Flucht vor der Welt

Dass Filme mit einer Survival-Stossrichtung durchaus deprimierend enden können, beweist Sean Penns Adaption eines Tatsachenbuchs von Jon Krakauer. «Into the Wild» folgt den Spuren eines jungen Mannes namens Christopher McCandless (Emile Hirsch), dem sein gutbürgerliches, den Grundsätzen des Kapitalismus folgendes Leben die Luft zum Atmen nimmt und der auf einem Trip in die Einöde Alaskas neuen Sinn zu finden hofft. Seiner mitunter blauäugigen Hauptfigur hätte der Film gerne etwas kritischer begegnen dürfen.

Als Meditation über klassische amerikanische Ideen wie das Streben nach Glück, Reichtum und grenzloser Freiheit funktioniert «Into the Wild» aber recht gut. Überwältigende Landschaftsbilder ziehen in den Bann. Und die Songs aus der Feder Eddie Vedders tragen entscheidend zur melancholischen Grundstimmung der in den Überlebenskampf führenden Suche des Protagonisten bei.

Verfügbar auf Netflix

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