Widows Grossbritannien, USA 2018 – 130min.

Filmkritik

Der neue, grosse Coup

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Steve McQueen ist einer der interessantesten Regisseure unserer Zeit. Er hat mit Independent-Filmen wie Hunger begonnen, später mit 12 Years a Slave den Oscar für den besten Film eingeheimst und legt nun einen Thriller vor, der angenehm komplex ist. Basierend auf einem Roman von Lynda la Plante, schrieb McQueen mit der Erfolgsautorin Gillian Flynn das Drehbuch.

Als ein Überfall misslingt und alle sterben, stehen die Witwen der Männer vor dem Nichts. Die eine (Michelle Rodriguez) ist verschuldet, die andere (Elizabeth Debicki) hat nie etwas gelernt, und die Dritte (Viola Davis) soll das Geld, das ihr Mann gestohlen hat, binnen weniger Wochen zurückzahlen. Auf legalem Weg kommen sie aus dieser Misere nicht mehr heraus. Aber eine von ihnen hat die Aufzeichnungen für einen weiteren Coup gefunden, den ihre Männer geplant haben. Sie entscheiden, das Ding selbst durchzuziehen, auch wenn sie keinerlei Erfahrung in diesen Angelegenheiten haben …

In erster Linie ist es ein Thriller, den McQueen hier präsentiert, aber einer, der mit Elementen des Dramas geschickt gespickt und zugleich weiter aufgefächert ist. Denn frühzeitig wird ein weiterer Handlungsstrang etabliert, in dem es um den Wahlkampf zum Stadtrat geht. Der scheint anfangs nur wenig mit der Haupthandlung zu tun zu haben, mit jeder neuen Szene wird jedoch klar, dass die Verstrickungen zwischen Politik und Verbrechen weitaus grösser sind, als man meinen sollte.

Das Interessante dabei ist, dass es bei den Figuren keine simple Schwarzweisszeichnung gibt – von Daniel Kaluuyas Charakter vielleicht abgesehen. Alle besitzen eine gewisse Ambivalenz. Das macht sie menschlich. Einen grösseren Pluspunkt könnte Widows kaum haben. Weil der Film es dadurch versteht, die Geschichte – in der es auch um die Frage geht, ob man sich Moral im Angesicht des eigenen Untergangs noch leisten kann – intensiver zu gestalten. Was hier gezeigt wird, wirkt automatisch realistischer.

Der Film ist dabei exzellent besetzt, bis in die winzigsten Nebenrollen. Liam Neesons Figur hat nur wenige Szenen, die hinterlassen aber mehr Eindruck, als man meinen sollte. Colin Farrell und Robert Duvall als Sohn und Vater haben einige der besten Szenen abbekommen, aber natürlich sind es die Damen, die an vorderster Front stehen und mit viel Charisma den Zuschauer für sich gewinnen. Widows ist ein über mehr als zwei Stunden hinweg spannender und mitreissender Film, der thrillertypischen Suspense mit echtem Drama kombiniert. Das Ergebnis ist ein neuerliches Meisterwerk von Steve McQueen, der es dabei immer wieder versteht, sich in neue Sujets einzuarbeiten.

30.11.2018

5

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Kommentare

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8martin

vor 2 Jahren

Der farbige Regisseur Steve McQueen (12 Years a Slave) bringt sich hier als Frauenversteher ein. Und das ist nicht böse gemeint. Er hat einfach einen Plot aus dem Gangster Milieu genommen und die Innenseite nach Außen gewendet. Will sagen: als die Männer ins Gras gebissen hatten und ihren Frauen einen Haufen Schulden hinterlassen, bringen jetzt ihre Frauen, Freundinnen etc. deren Job zu Ende und beschaffen das Geld. Planen wie sie, ballern wie sie und sind teilweise erfolgreicher als ihre Männer. Es sind vier Mädels: Veronica (Viola Davis) hat den Plan ausgeheckt und ist die Bandenchefin. Alice (Elizabeth Debicki) muss ansonsten gezwungenermaßen anschaffen gehen, Linda (Michelle Rodriguez), deren Mann sich verzockt hatte, versinkt in Schulden und als Fahrerin kommt noch Belle (Cynthia Erivo) dazu. In die Zwischenräume hat das Drehbuch des Regisseurs als Füller einige, kleine Problemchen gesteckt, die den Plot verschlimmbessern. So der Zwist zwischen Tom (Robert Duval) und seinem Sohn Jack (Collin Farrell). Jatemme (Daniel Kaluuya) ist der Schuldeneintreiber und Killer vom Dienst. Liam Neeson spielt Veronicas Ehemann und irrlichtert durchs Bild, weil er sich anscheinend noch über seine Rolle klar werden muss. Er passt aber auch so gar nicht ins Bild. Diese kleinen Zwischenaktionen verwirren eher als dass sie veranschaulichen. Am Ende sind alle Frauen in ihrem vertrauten Alltag zurück und Veronica macht eine Stiftung für die Schulbibliothek.Mehr anzeigen


Patrick

vor 3 Jahren

Der Anfang ist ziemlich hektisch geschnitten,nacher wird der Film cool und bitterböse in Szene gesetzt.Die Figuren sind skurril und schwarzhumorig gezeichnet.Storymässig gibts eine Wendung die zimlich überraschend ist und am Ende gibt der Film nochmals Stoff.Aber es geht zu lange (ja fast bis zum Ende des Filmes) bis der Film auf den Punkt kommt.Fazit:Cool,Frisch und Bitterböse aber leider etwas langatmig.Dafür gibts von 3.1/2 Sterne von 5.Mehr anzeigen


Cinma

vor 5 Jahren

Kein krimi, kein Thriller... Drama OK,aber für krimi/Thriller fehlt die Spannung!
Bin eigentlich wegen der 5* Bewertung von cineman hin, aber ich hätte den 3* von der Kritik mehr trauen sollen... auch wenn ich das für hoch gegriffen halte. Der Film ist in der ersten Viertelstunde durchschaut, was einfach die Spannung nimmt...Mehr anzeigen


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