Interview

Ralph Fiennes über The Constant Gardener

Interview: Portmann Media

«Er ist ein Typ Mann, der es verstanden hätte, wenn seine Frau eine Affäre gehabt hätte.»

Ralph Fiennes über The Constant Gardener

Q:Cineman: Ralph, es ist ein grosses Vergnügen, Sie wegen «The Constant Gardener» zu treffen. Der Film ist sehr interessant, weil er mit verschiedenen Ebenen arbeitet: Die sehr gefühlvoll gemachte Liebesgeschichte, der Drehort und der gesamte Zusammenhang – wie sehr haben diese Aspekte Ihre persönliche Erfahrung beeinflusst?A:Fiennes: Nun, es gibt gewisse Gegensätze. Während der Film Gefühle und Umstände festhält, ist alles rundherum sehr gegensätzlich. Es war hilfreich, dass der Film dort gedreht wurde, wo er auch angesiedelt ist. Kenia ist immer besser ausgerüstet für einen solchen Filmdreh, doch man stellt sich trotzdem gewisse Fragen über Unsicherheiten. Man geht nicht in ein Land, wo der Dreh abgebrochen werden könnte oder wo man an gewissen Orten nicht drehen darf. Das gibt dem Film eine Echtheit und eine Charaktereigenschaft, wenn man das so sagen kann. Dort zu sein und zu drehen... Ich meine, wir waren am Ort, wo alles passierte. Bevor wir an die wüstenhaften Orte gingen, drehten wir in den Diplomatenhäusern – das waren keine Studioeinrichtungen, sondern die echten Häuser. Ich habe es auf der Stelle gespürt, dass es ein Haus war, das Justin und Tessa gehabt hätten. Lustigerweise nahm dies eine gewisse Last von einem. Es ist eben ein richtiger Garten, wie es ihn in Kenia gibt. Es ist eben der richtige Innenraum, in dem er mit ihr sitzen und über ein Baby sprechen könnte. Am Ende des Films, als es zum Überfall in der Stadt kommt, hat sich das echt angefühlt, denn es handelte sich nicht um einen Special Effect. Q:Wurde in Ihnen – durch den emotionalen Bezug – auch ausserhalb des Films das Interesse an sozialen wie politischen Gegebenheiten geweckt? Das Interesse an den ganzen Zusammenhängen?A:Klar wurde das Interesse geweckt. Man musste aber gewisse Zeitpläne einhalten. Man konnte sich damit im Hotelzimmer beschäftigen oder sich Fragen auf dem Set stellen. Aber ich konnte keine Kampagne starten! (lacht) Aber ich interessierte mich schon vorher dafür, denn ich war schon mehrmals in Afrika. Aber ich betrieb keine Nachforschungen, wie sie vielleicht Journalisten machen. Ich wusste aber in etwa, was mich erwartete. Es gefiel mir und ich möchte wieder einmal hin gehen.Q:Tessas Rolle ist eine Art Metapher für den Film: Ihre Leidenschaft steckt regelrecht an und überträgt sich auf die anderen Figuren. Wie funktioniert das von der Dynamik her? Wie baut man mit einer Schauspielerin eine Chemie auf, die über den gesamten Dreh hinweg bestehen muss?A:Auf eine Art ist es ganz einfach. Wir haben Szenen, in denen wir eine glaubhafte Beziehung darstellen müssen. Justin ist weder sehr freimütig noch idealistisch oder revolutionär wie sie. Tessa ist eine normale, wütende Person, die die Dinge verändern möchte, die ihr etwas bedeuten. Er ist nicht jemand, der sich gegen etwas auflehnt. Aber er ist sich treu, geradlinig und ehrenhaft. Das sind zwei Gegensätze, die sich anziehen. Meine Aufgabe besteht darin, eine glaubhafte Beziehung zu schaffen. Er liebt Tessa immer noch, obwohl sie tot ist. Er war sich ihrer sicher, hatte aber auch seine Zweifel. Er ist ein Typ Mann, der es verstanden hätte, wenn seine Frau eine Affäre gehabt hätte. Er hätte keine Fragen gestellt. Er glaubt, dass jeder sich selber sein muss – «Wenn jemand mich verlassen will, so muss er es mir sagen. Wenn es zu schmerzhaft wird, dann werde ich fragen. Je nach Situation.» Er trägt eine stille Würde in sich, welche mich dazu bewog, ihn darstellen zu wollen.

24. November 2005

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