The Courier Grossbritannien, USA 2020 – 112min.

Filmkritik

Bote nuklearer Geheimnisse

Filmkritik: Walter Rohrbach

Kuba Krise, Nuklearprogramm, Freundschaft und Verrat sind die Themen des etwas zu solide geratenem Spionagethriller. Ein Thriller den man beschreiben könnte als ein etwas zu sperriges Sofa – auf welchem man zwar bequem sitzt – dass aber weder ästhetisch noch funktionell ambitionierte Innendekorateure aus den Birkenstöcken hauen würde.

Jetzt sitzen sie da. Diese gleichgeschalteten, gleichgekleideten Parteisoldaten. Die gleichen dunklen Anzüge, die gleichen Blicke – alle starr vor Angst. Vor ihnen die berühmteste Glatze der gesamten Sowjetunion der 50er und 60er Jahre – Nikita Sergejewitsch Chruschtschow. Es ist das Jahr 1960 und der «Erste Parteisekretär» der KPdSU haut den Genossen die sozialistische Rhetorik in die Ohren. Wir sind in Moskau mitten im Machtzentrum und dazu noch in der Hochphase des kalten Krieges. Russland und die Vereinigten Staaten sind im Wettstreit um die globale Führungsrolle, beide im Besitze von Atomwaffen und bereit diese im letzten Ernstfall zu benutzen.

In dieser Konstellation sind Informationen über den Gegner extrem wichtig. Ein ideales Biotop also, um einen Spionagethriller anzulegen. Genau dies hat sich der britische Regisseur Dominic Cooke wahrscheinlich auch gedacht. «The Courier» basiert auf der wahren Begebenheit des englischen Geschäftsmannes Greville Wynne, der in den frühen 60er Jahren angeworben wurde, streng geheime Nuklearpläne aus Russland in den Westen zu schmuggeln. Wynne allerdings ist kein ausgebildeter Agent, sondern ein gewöhnlicher Geschäftsmann mit losen Kontakten nach Osteuropa. Im Gegensatz dazu ist sein Informant Oleg Penkowski ein sowjetischer Oberst und mag einigen historisch interessierten Personen ein Begriff sein – gilt er doch als einer, wenn nicht der wichtigste Doppelagent im Kalten Krieg. Was folgt ist ein Katz- und Mausspiel zwischen den Agenten der Sowjetunion und den beiden Verbündeten Wynne und Penkowski.

Schade, dass Dominic Cooke zu wenig mutig war. Wäre es doch eine grossartige Geschichte über Freundschaft und Verrat, über Solidarität und Egoismus. Und dann hat er mit Benedict Cumberbatch, als Wynne und mit Merab Ninidze als Penkowski ein wirklich herausragendes Schauspielerduo gehabt. Entstanden ist eine 111-minütige solide Fleissarbeit – nicht unspannend, nicht uninteressant – die durchaus zu unterhalten vermag. Insgesamt aber ist «The Courier» ein Werk, das weder Stil-, Konstellations- noch Plotmässig zu überraschen vermag und bei dem vorwiegend Spionagefilmeliebhaber und historisch interessierte Personen auf ihre Kosten kommen.

14.06.2021

3.5

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Kommentare

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Julia

vor 2 Jahren

Schlisse mich der cineman-Kritik an. Bessere Worte für diese Umschreibung finde ich gerade nicht. Beeindruckend gespielt, sicher. Aber inhaltlich dahinplätschernd..................


thomasmarkus

vor 2 Jahren

Geschichten die das Leben schrieb -
und feinfühlig umgesetzt.
Wie nah die Welt öfters 'ihrem' Untergang vorbei schrammte, oft nicht mehr präsent...


as1960

vor 2 Jahren

"The Courier" ist ein schon fast altmodischer Spionagefilm. Altmodisch ist hier aber nur positiv gemeint. Endlich wieder mal ein Film der zeitliches hin- und herspringen verzichtet, und den Figuren auch Raum gibt sich zu zeigen und zu entwickeln. Dies ist insbesondere relevant um die Beziehung der beiden Hauptfiguren zu verstehen. Die wahre Geschichte und um die Kuba-Krise fesselt, und v.a. Benedict Cumberbatch kann einmal mehr glänzen.Mehr anzeigen


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