Under The Silver Lake USA 2018 – 140min.

Filmkritik

Ein Labyrinth namens Los Angeles

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Nach seinem clever gebauten und stimmungsvoll inszenierten Horrorfilm It Follows, der auf diversen Festivals gefeiert wurde, kehrt der US-Amerikaner David Robert Mitchell mit einem ambitionierten, nicht immer runden, aber dennoch aufregenden Mix aus Noir-Krimi, Mystery-Thriller und absurder Komödie auf die Leinwände zurück.

Dreh- und Angelpunkt der rasch ausufernden Erzählung ist der planlose Taugenichts Sam (Andrew Garfield), der einfach in den Tag hineinlebt und bevorzugt auf dem Balkon seines Apartments herumlungert, um seine Umgebung mit einem Fernglas zu observieren. Bei seinen Beobachtungen sticht ihm irgendwann seine Nachbarin Sarah (Riley Keough) ins Auge, die sich von seinen seltsamen Angewohnheiten offenbar nicht belästigt fühlt. Zu Sams Verwunderung lädt die junge Frau ihn nämlich in ihre Wohnung ein, wo es zu einem ersten Kuss kommt. Als Sarah am nächsten Morgen spurlos verschwunden ist, beginnt der Frischverliebte, nach ihr zu suchen, und tritt eine Odyssee durch den geheimnisvollen und verschlungenen Dschungel von Los Angeles an.

Freunde spannungsgeladener Unterhaltung seien gleich gewarnt! Mitchells neue Regiearbeit weckt grosse Erwartungen, legt unzählige Fährten aus, verrennt sich jedoch mehr als einmal und biegt mit einem Ende um die Ecke, das gewiss nicht jeden Zuschauer zufriedenstellen wird. Auch wenn die Inhaltsangabe einen klassischen Krimiplot vermuten lässt, verweigert sich der Film ganz bewusst den Genreregeln und präsentiert dem Publikum vielmehr einen anspielungsreichen Rätselspass, der wiederholt abrupt die Tonlage wechselt – etwa von skurriler Komik zu handfestem Unbehagen.

Under the Silver Lake richtet sich vor allem an innige Liebhaber des Kinos und der Popkultur, denen es grosse Freude bereitet, Zitate und Verweise zu erkennen und zu deuten. Sams detektivische Suche wird vom Hauch des Film noir umweht, nimmt allerdings schnell derart bizarre und surreale Züge an, dass man unweigerlich an die Arbeiten eines David Lynch – besonders das clevere Thriller-Puzzle Mulholland Drive – denken muss. Immer wieder begegnet der von Andrew Garfield mit herrlichem Schlafzimmerblick verkörperte Protagonist seltsamen Gestalten. Und ständig findet er sich an ungewöhnlichen oder mythisch aufgeladenen Orten wieder.

Statt eine in sich geschlossene Geschichte zu entblättern, nimmt Mitchell den Betrachter mit auf eine Reise durch die Filmgeschichte und verneigt sich dabei vor dem grossen Sehnsuchts- und Albtraumort Los Angeles. Einige Passagen ächzen sicherlich unter der aufgebauschten Geheimniskrämerei und wirken im Rückblick unfertig. Langeweile produziert die mit 140 Minuten üppige Genre- und Stil-Mischung aber nicht – vorausgesetzt, man verliert sich gerne in einem umfangreichen Zeichenuniversum, das manche Fragen offen lässt.

20.02.2024

3.5

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Kommentare

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maennele

vor 5 Jahren

Dieser Film hinterlässt mich einigermassen ratlos! Sicher toll für Liebhaber des Experimental-Kinos, die dann seitenlang ihre intelektuellen Orgasmen über das ‚Werk‘ ergiessen. Vom deklarierten Thriller keine Spur und der Unterhaltungswert streift bereits sehr stark die Langeweile-Skale! Was ist doch noch mal gleich das Gegenteil von Meisterwerk?!Mehr anzeigen


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