Vonarstræti Island 2014 – 130min.

Filmkritik

Zusammen und doch so allein

Raphaela Dreyfus
Filmkritik: Raphaela Dreyfus

Drei unterschiedliche Leben im nordischen Island – die sich wie ein Puzzle zusammenfügen. Die Krise, in der Island steckt bringt sie zwar zusammen, treibt sie aber auch wieder auseinander. Móri, Eik und Sölvi kämpfen selbst mit ihrem Leben und stellen sich alle die Frage: Wie weit gehen für Geld? Dichtes und atmosphärisches Drama von Baldvin Zophoníasson.

So klein muss also Reykjavík sein – treffen die drei Protagonisten doch immer wieder aufeinander. Aber anstatt in der Zeiten der Krise zusammenzurücken, treibt sie die Kälte und Ungleichheit mehr und mehr auseinander. Eik (Hera Hilmar), die neben ihrem Job in einer Vorschule nachts als Prostituierte arbeitet um ihre kleine Familie durchzubringen, fasst nur schwer Vertrauen. Und als sie sich auf die Freundschaft mit dem kauzigen Poeten Móri (Porsteinn Bachmann) einlässt, wird sie doch nur wieder enttäuscht.

Móri selbst scheint ganz andere Probleme zu haben – sein neues Buch wird zwar veröffentlicht, womit ihn aber auch die Geister der Vergangenheit einholen, die er nur im Alkohol ertränken kann. Gleichzeitig hängt ihm auch noch Banker Sölvi (Thor Kristjansson) an der Backe, der ihm sein Haus abkaufen will. Für Sölvi selbst ein erstes Projekt - denn der ehemalige Fussballspieler und Neu-Banker hat sich noch nicht ganz mit den Spielregeln der Finanzwelt angefreundet. Als er auf einer Geschäftsreise dann auf die Prostituierte Eik trifft, schliesst sich der Kreis wieder.

Vonarstraeti, die Strasse in Reykjavík, die sie alle zusammenbringt, heisst in der englischen Übersetzung Life in a Fishbowl und ist der zweite Langfilm des isländischen Regisseurs und Drehbuchautors Baldvin Zophoníasson. Das Drama feierte nicht nur in Island grosse Erfolge, sondern wurde bereits in Toronto am TIFF (Toronto International Film Festival) gezeigt und geht für Island ins Rennen um den Oscar für den besten fremdsprachigen Film.

So taucht man ein, in eine, von Dunkelheit, Regen und Eis geprägte, harte Realität des Islands in der Krise. Dicht verwoben sind die Probleme der Protagonisten mit denjenigen Islands. Denn nicht nur die Figuren taumeln, ein ganzes Land taumelt. Schwere Themen wie Geldnot, Prostitution, Missbrauch, Betrug und Tod werden atmosphärisch umrissen, aber niemals überzogen oder pathetisch dargestellt. Vonarstraeti trumpft auch mit sympathischen Charakteren und stimmigen Bilder auf, die Island trotz der Schwere nicht weniger faszinierend wirken lassen.

06.08.2015

4

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Kommentare

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Deg89

vor 8 Jahren

Ein sehr bedrückender Film mit ebenso tiefgründigen Figuren. Die vielseitigen Themen von den 3 Protagonisten werden sehr genau geschildert. Jedoch ergibt sich dabei kein klares Gesamtkonzept, das Zusammentreffen der Figuren hilft leider auch nicht weiter.


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