The Place Beyond the Pines USA 2012 – 140min.

Filmkritik

Generationenkonflikt

Urs Arnold
Filmkritik: Urs Arnold

Ryan Gosling als harter Kerl, der schnell fährt und nicht viel redet? Was nach einer Reprise von Drive klingt, entpuppt sich als wesentlich komplexere filmische Angelegenheit.

Derek Cianfrances Blue Valentine war einer der Filme, die man 2010 gesehen haben musste. Ein Liebesdrama, changierend zwischen leiser Bordstein-Romantik und dem lauten Zerbersten einer Ehe. Weshalb dem Indie-Juwel damals ein Schweizer Kinostart versagt blieb, wissen auch heute nur die Filmgötter.

In Cianfrances Nachfolgewerk dürfen wir via Leinwand Schritt halten mit Luke (Ryan Gosling), während dieser in einer ersten langen Einstellung seinen Weg durch die Menge bahnt, vorbei an Zuckerwatteständen und Kirmes-Gebimmel. Dann steigt er auf sein Enduro-Motorrad, wirft es an und vollführt ein weiteres Mal halsbrecherische Stunts vor den Augen des Jahrmarkt-Publikums.

Es wäre sicher nur fair, wenn Luke für das hohe Risiko seines Jobs fürstlich entlöhnt würde. Dem ist jedoch nicht so, und das ist ein Problem, seit der tätowierte Draufgänger seinen Sohn Jason zum ersten Mal im Arm gehalten hat - das Resultat eines One-Night-Stands mit der Kellnerin Romina (Eva Mendes). Luke erschliesst sich endlich der Sinn seines Lebens, worauf er bald schon den grössten Unsinn seines Lebens begeht: nämlich Banken zu überfallen. Wieder und wieder. Bis sich eines Tages seine Wege mit denen des ehrgeizigen Polizisten Avery Cross (Bradley Cooper) kreuzen.

Damit wäre gerade einmal der erste Akt von The Place Beyond the Pines skizziert. Zwei weitere entfaltet dieser Film über insgesamt 140 Minuten Laufzeit, und keine Sekunde wirkt dabei vergeudet oder überflüssig. Cianfrance wechselt in jedem Abschnitt versiert das Genre, die zentralen Personen und die Temperierung der von ihm selbst verfassten Geschichte. Von der Outsider-Liebesballade wandelt sie sich zum Internal-Affairs-Polizeithriller, um dann als hochkochendes Coming-of-Age-Drama auf die Zielgerade einzubiegen.

Cianfrance verbindet diese sich so fremd scheinenden Elemente nahtlos zu einem kohärenten Ganzen. Dabei beweist er ein verblüffendes Gespür für zwischenmenschliche Beziehungen, Gefühle und Mechanismen. Seine lange Verknüpfungskette spannt der Film insgesamt über mehrere Generationen - er bleibt indes schlüssig und zugleich unprätentiös. Herausragend ist die Kameraarbeit von Sean Bobbitt (Shame) sowie ein seinem Hangover-Schatten längst enteilter Bradley Cooper. Und muss man noch erwähnen, dass Ryan Gosling hier eine weitere grosse Performance abgibt?

The Place Beyond the Pines legt die alte Geschichte von Sünden und deren Konsequenzen als atmosphärisch dichtes und inhaltlich üppiges Werk neu auf. Es ist einer der Filme, die man 2013 gesehen haben muss.

19.06.2013

4

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Kommentare

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dulik

vor 6 Jahren

Sehr gelungenes Drama mit überzeugenden Darstellern und einer unverwechselbaren Erzählstruktur. Während in der ersten Hälfte der Stuntfahrer Luke, gespielt von Ryan Gosling im Vordergrund steht, dreht sich im zweiten Akt alles um die Rolle des Polizisten Avery Cross, welcher von Bradley Cooper verkörpert wird. Überzeugend wird dargesellt, wie weitgreifende Folgen eine einzelne Tat unter Umständen haben kann.
8/10Mehr anzeigen


Barbarum

vor 7 Jahren

Die ungewöhnliche Erzählstruktur, welche von einem Hauptdarsteller zum nächsten wechselt und trotzdem keinen klassichen Episodenfilm darstellt, dazu noch die ausserordentlich hochklassige Besetzung machen den Film besonders.


alex icon

vor 9 Jahren

Könnte ich immer wieder schauen! Sehr bewegend.. War der Auslöser dafür, dass ich den Motorrad Führerschein gemacht habe:)


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