Die Kunst des Negativen Denkens Norwegen 2006 – 79min.

Filmkritik

Positive negative Gedanken

Thomas Hunziker
Filmkritik: Thomas Hunziker

Was macht das Leben eigentlich lebenswert? Ein gesunder Körper oder eine positive Lebenseinstellung? Diese Frage stellen sich vier körperlich Behinderte in der wunderbaren norwegischen Tragikomödie «Kunsten å tenke negativt» und entdecken dabei, dass die Kunst des negativen Denkens bei der Bewältigung von Gefühlsschwankungen durchaus hilfreich sein kann.

Geirr (Fridtjov Såheim) ist gelähmt, impotent und frustriert. Vom Geld der Unfallversicherung konnte er zwar zusammen mit seiner Frau Ingvild (Kirsti Eline Torhaug) in ein komfortables Haus ziehen. Doch Geirr schliesst sich den ganzen Tag in sein Zimmer ein, sieht sich Kriegsfilme an und kifft. Um ihn aus seiner Depression zu befreien, bittet Ingvild die Therapeutin Tori (Kjersti Holmen) um Hilfe. Die bringt gleich ihre ganze Selbsthilfegruppe auf Besuch mit. Aber die Konfrontation verläuft überhaupt nicht nach Toris positiven Vorstellungen.

Gegensätzliche Herangehensweisen an die Lebenseinstellung stehen im Zentrum von «Kunsten å tenke negativt». In einer Szene sitzen die körperlich Behinderten um einen Tisch und streiten über eine Liste, wer denn nun das übelste Leben führt. Ist das Ausmass der Behinderung ausschlaggebend oder hängt alles von der persönlichen Denkweise ab? So debattieren die Figuren über die kleinen Frustrationen und grossen Enttäuschungen in ihrem Leben. Bald stellt sich heraus, dass sogar die stets fröhliche Marte (Marian Saastad Ottesen) kein bisschen glücklicher ist als der zynische Geirr.

Obschon der Film sich mit einem ziemlich niederschlagenden Thema befasst, bleibt noch genügend Raum für Humor. Der ist zwar sehr schwarz, aber auch sehr ehrlich. Entblösste Gefühle treiben zudem die Stimmung immer wieder zum Siedepunkt. Am Schluss stellt sich die Frage, ob durch die Verdrängung von negativen Gedanken, die von der Therapeutin symbolisch in einen gestrickten «Kotzbeutel» abgefüllt werden, das Leben angenehmer wird. Ihre Rezepte erweisen sich nämlich bald als untaugliche Mechanismen zur schmerzlichen Selbsttäuschung.

Regisseur und Drehbuchautor Bård Breien holt zwar bisweilen zu harten Schlägen aus, doch zarte Momente gleichen die manchmal düstere Atmosphäre immer wieder aus. Die Katharsis funktioniert und am Schluss stellen wir fest, dass eine Fokussierung auf das Positive letztlich nur kontraproduktiv ist und keine Probleme löst. Nur wer die Kunst des negativen Denkens lernt, wird aus der Dunkelheit finden. Eine sympathische Botschaft einer berührend intimen Tragikomödie.

03.12.2008

4

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