Die Passion Christi USA 2004 – 127min.

Filmkritik

Sehen, um zu glauben?

Filmkritik: Andrea Bleuler

Pünktlich zum Osterfest hängt Mel Gibson Jesus noch einmal ans Kreuz und bringt sein Folter-Drama um die letzten Stunden im Leben des Heilands noch einmal in die Kinos. Zu sehen gibt es viel Gewalt und wenig Seele.

Eigentlich ist ja das US-Publikum für Untertitel schwer zu haben. Fremdsprachen auf der Leinwand gelten gemeinhin als kommerzielles Todesurteil. Trotzdem liessen sich Massen von Zuschauern nicht davon abhalten, sich Sätze aus der Bibel in Hebräisch, Latein und Aramäisch zu Gemüte zu führen. In über 3000 Sälen startete der Film letztes Jahr in den USA und spielte bereits am ersten Wochenende 83 Millionen Dollar ein. Auch ausserhalb der USA liess der Kassenerfolg nicht auf sich warten.

"The Passion of the Christ" setzt in jener nebligen Nacht ein, als die jüdische Polizei Christus (James Caviezel) verhaftet. Pontius Pilatus (Hristo Shopov) sträubt sich, den seltsamen Mann auf Anstoss der jüdischen Geistlichen als Ketzer zum Tode zu verurteilen. Der degenerierte König Herodes (Luca De Dominicis) wiederum will sich nicht für den Fall interessieren. Doch das Volk will einen Schuldigen sehen.

Über zwei Stunden Filmzeit lang wird minutiös festgehalten, wie Jesus Christus mit Peitschen, Ketten sowie mit Metallteilen und Glasscherben bestückten Stöcken geschlagen und ihm die Haut vom Fleisch gerissen wird, bis er halbtot und mit dem Kreuz auf dem Rücken durch die Strassen getrieben wird, um später an diesem zu verenden. Ein Lob gebührt den Maskenbildnern und Kostümverantwortlichen, die Gibsons Bedürfnis nach einer möglichst realistischen visuellen Wiedergabe ermöglichen. Aber was mag der Zweck dieser Millioneninvestition sein?

"The Passion of the Christ" stellt keine Fragen - Leiden und Martyrium ist alles, was Gibson am Herzen liegt. Optisch hangelt man sich durch Bilder, die 2000 Jahre Kunstgeschichte in unser kollektives Bewusstsein eingeprägt haben. Mutter Maria (Maia Morgenstern) und Maria Magdalena (Monica Bellucci, überraschend dezent) säumen weinend den Leidensweg. Punktuell wird aber auch mit neueren Versatzstücken operiert und Übersinnliches numerisch übersetzt. Der Teufel (gespielt von Adriano Celentanos Tochter Rosalinda) ähnelt einem androgynen Streetparade-Teilnehmer, wie man ihn noch Mitte der neunziger Jahre gesehen hat.

Gibsons Passionsgeschichte schert sich nicht darum, irgendwelche Charakter-Eigenschaften von Jesus Christus zu vermitteln, Jim Caviezel ist die perfekte Hülle für den perfekten jungen Mann. Details und Nebengeschichten interessieren nicht. Beängstigend an dieser Tatsache ist, dass sich Gibson über todbringenden Fanatismus in Sachen Religion nicht im geringsten Gedanken zu machen scheint.

Diskussion: Unnötig blutig? Antisemitisch? Im Forum sind Meinungen gefragt.

22.03.2013

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

in originalsprache... viele kritiker schrieben es sei zu blutig, aber ich habe es visuell stark gefunden...


skijump

vor 15 Jahren

Was denkt ihr euch eigentlich, wie eine Kreuzigung aussah? Friede, Freude, Eierkuchen? Gibson zeigt schonungslos auf, dass der Christliche Glaube auf den unmenschlichen Leiden eines einzelnen Mannes zurückzuführen ist.

Ist „ Die Passion Christi“ antisemitisch? Die Antwort kann nur wie folgt ausfallen: Der Film ist genau so antisemitisch wie die Bibel. Gibson macht das einzig Richtige, indem er jede im Film handelnde Fraktion einen Teil der Schuld am Tode Jesu gibt. Die Hohepriester der Juden, da sie das Volk gegen Jesu aufstachelten. Das Volk, da sie sich von den Hohepriester hat beeinflussen lassen. Pontius Pilatus, da er das Unrecht sah und nichts dagegen unternahm. Die Römer, da sie Jesu diese unmenschlichen Qualen haben erleiden lassen und sich dabei noch prächtig amüsierten. Gibson maßt es sich nicht an, eine dieser Gruppen als Hauptverantwortliche für den Tod Jesu zu zeichnen. Bei „ Die Passion Christi“ ist die mit der Bibel konforme kollektive Menschenschuld ohne Einschränkungen umgesetzt.

Hauptdarsteller Jim Caviezel spielt überragend.

Quelle: http: //www. filmstarts. de/kritiken/37137-Die-Passion-Christi. htmlMehr anzeigen


sniper8

vor 16 Jahren

und wieder mal musste ich vor dem fernseher heulen... keine frage, ein film den man einfach mal sehen muss.
es wurde viel über den film diskutiert und referiert. in christlichen kreisen wurde (aus meiner sicht) der film sehr positiv aufgenommen, andere halten ihn für ziemlich übertrieben.
was ich am film übertrieben finde, ist die kritik selber. denn ich habe, dies bezüglich, nicht so empfunden.
natürlich ist "the passion of the christ" eine ziemlich blutige angelegenheit, aber waren dies kreuzigungen nicht auch?
der film liefert interessante aspekte und vielerorts bringt er viele punkte bei denen ich persönlich im dunkeln tappte. es ist so auch gut erklärt, warum christus in einer zeit starb wofür andere gekreuzigte tage brauchten.
eine blutorgie? naja... für mich sah es so aus, dass im film keine folterszene zu lange war oder unpassend kam. viele leidenszenen von jesus, wurden durch interessante rückblenden auf dessen leben unterbrochen und machten den film hochinteressant. ich fand den film ziemlich authentisch mit dem bisher angesammelten wissen über kreuzigungen.
jim caviezel ist ein überzeugender jesus-darsteller. seine leistung hebt ihn aus anderen jesus-schauspielern hervor.
besonders überrascht war ich von monica bellucci. eine beachtliche leistung, welche mir gehörigen respekt einflösste. souverän und dezent.
mel gibson lässt auch tolle effekte im film einfliessen. seien es zeitlupen oder lichtspiele. gute kameraführung und exzellenter schnitt werden mit schaurig schöner musik kombiniert.
wie der film gemacht wurde ist eigentlich nebensache. für mich hat alles gestummen.
"the passion of the christ" ist einer der wenigen, meisterhaft umgesetzten bibelfilmen, die es gibt.
danke!Mehr anzeigen


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