CH.FILM

Ferien im Duett Schweiz 2005 – 82min.

Filmkritik

Little Big Brother

Stefan Gubser
Filmkritik: Stefan Gubser

Dieter Gränicher hat vier junge Paare mit einer Videokamera in die Ferien geschickt und aus dem Material eine Art Reise-Tagebuch zusammengeschnitten.

Dieter Gränicher hatte Lust auf leichtere Kost, nachdem er sich vier Jahre lang mit dem schwierigen Thema Depression beschäftigt und das Resultat seiner Bemühungen zu dem eindrücklichen Dokumentarfilm "Seelenschatten" verarbeitet hatte. Gränicher schickte vier junge Liebespaare mit einer digitalen Videokamera in die Ferien und schnitt die gut siebzig Stunden Material, die ihm die "Duette" nach ihrer Rückkehr aus Australien, Kuba, Marokko und Namibia ablieferten, zu einer Art Reise-Tagebuch zusammen.

Dass Ferienfilme vor allem langweilen, wusste Steven Spielberg schon, als er noch ein Wunderkind war. Damals, so will es die Legende, als sein Vater im Kreise der Familie die ruckelnden Szenen ihres Urlaubs vorführte, will Klein-Steven kapiert haben, dass bewegte Bilder nicht einfach so bewegen - erst recht nicht Menschen, die nicht dabei waren. Womit - gemach! - noch lange nicht gesagt ist, dass "Ferien im Duett" einfach nur langweilig ist.

Einige Szenen sind richtig lustig, die Aufnahmen teilweise von beachtlicher Qualität, und die beiden "Marokkaner" haben sogar einen Plan: Er begleitet sie auf der Suche nach dem Hause ihrer Grosseltern. Zu entdecken, dass es zum Mülleimer des Quartiers geworden ist, gehört zu den Höhepunkten des Filmes, auch weil sie darüber lachen kann; er hat meistens schlechte Laune. Die "Australier" zeigen gerne, wie gerne sie sich haben, die "Kubaner" ihr verstopftes Klo, und die "Namibier" weniger Bock auf Safari als geplant.

Nüchtern lässt sich festhalten, dass an "Ferien im Duett" einiges bemerkenswert ist. Zum Beispiel wie sich der Regisseur zum Cutter macht, im Grunde nur noch Szenen aneinandereiht, deren Gelingen (oder eben nicht) er nicht verantwortet. Ausserdem werden sich auch Herr und Frau Sittenwächter davon überzeugen, dass der dem Konzept immanente Schuss "Big Brother" ein höchst kleiner ist: Die Duette durften ja ganz allein entscheiden, was sie filmten. Genauer gesagt: Wie sie sich als Paar inszenieren wollten. Und das ist erfrischend uneitel, meilenweit entfernt von der ekligen Zeigelust jener Container-Bewohner, die gewöhnlich alles dafür tun, um einmal in einer Talkshow ein paar Fragen beantworten zu dürfen.

Und trotzdem stösst das Konzept irgendwann an seine Grenzen. Das hat auch damit zu tun, dass sich die Paare zu ähnlich sind. Vor allem aber hätte man sich mehr Selbst-Reflexion gewünscht. Will heissen: Angeregte Debatten darüber, wann denn nun die Kamera läuft und wann nicht. Antworten auf die Frage, wie sich die Ferien verändern, wenn man weiss, dass man sie später im Kino sieht. Und warum man sich so etwas überhaupt antut, Ferien im Terzett.

15.02.2024

3

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