Ein Ganz gewöhnlicher Dieb Deutschland, Irland, Grossbritannien, USA 2000 – 93min.

Filmkritik

Wirrer Spass

Filmkritik: Samuel Suter

Michael Lynch (Oscargewinner Kevin Spacey) pendelt als Gangleader zwischen Gerichtssaal, Banküberfall und Familie. Die kleine irische Krimi-Komödie "Ordinary Decent Criminal" ist so vergnüglich wie wirr. Geschichte und Figuren folgen nicht immer einer ersichtlichen Logik. Spacey und Linda Fiorentino versuchen sich mehr schlecht als recht am irischen Akzent. Die Filmmusik von Blur-Leadsänger Damon Albarn schaukelt zwischen irischer Folkmusik und Drum’n’Bass. Kamera und Schnitt sind mal witzig, mal ärgerlich. Aber irgendwie zaubert diese schräge Mischung ein grosses Gefühl von Spass auf die Leinwand.

"Ich spiele am liebsten Charaktere, bei denen das Publikum sich nicht ganz sicher ist, was es nun von ihnen halten soll.“ - Danke Mister Spacey. Dafür, dass Sie gerne solche spielen. Denn die sind es, die wir von Ihnen sehen wollen. Die doppelbödigen, zweigesichtigen, harmlos lächelnden und doch blutgefährlichen, nur fast konsequenten Filmgestalten. The Usual Suspects, L.A. Confidential, Seven und zuletzt American Beauty sind Filme von Format mit einem grossen Geheimnis. Immer wieder glaubt man als Zuschauer, Ihre Charaktere durchschaut zu haben. Aber nur eine Zuckung in Ihrem Gesicht, ein Augenzwinkern genügt, und die Figur ist uns entwischt. In "Ordinary Decent Criminal" geniessen wir Sie, Herr Spacey, ganz unbeschwert. Allem anderen vorauszuschicken wäre einfach noch, dass der Vergleich mit einem der genannten Filme nicht fair wäre. "Ordinary Decent Criminal" spielt in einer anderen Liga. Hier die Geschichte:

Meisterdieb und Gang-Leader Michael Lynch (Spacey) liebt seine beiden Frauen, die attraktiven Schwestern Christine (Linda Fiorentino) und Lisa (Helen Baxendale). Er liebt seine Kinder und seine langjährig erprobte Gang. Und er hat viele Feinde. Natürlicherweise die Polizei. Ganz besonders den verbissenen und einfallsreichen Cop Noel Quigley (Stephen Dillane). Daneben will ihm aber auch die IRA an die Wäsche. Denn die bösen Jungs sind eifersüchtig auf seine dreisten Überfälle und auf seinen Status in der Öffentlichkeit als Held und Supergangster. Gerichtsverhandlungen, Kamerateams, Polizei, Anwälte, Terroristen und Reporter, all diese Aufmerksamkeit muss noch dem bescheidensten Mann zu Kopfe steigen. Lynch verliebt sich in seine Rolle als "unfassbarer" Held. Bei den immer dreisteren Überfällen geht es ihm nicht mehr ums Geld, bloss noch um die Unsterblichkeit. Das wiederum macht aber seine Gang unglücklich, da die treuen Mitglieder schliesslich auch Frau und Familie zu ernähren haben. Seine ältesten Freunde drohen ihn zu verraten, es wird unverhofft gefoltert und geblutet. So nett ist er eben doch nicht. Der Gangster. Eben Spacey. Grössenwahnsinnig, charmant, leidenschaftlich, gefühllos.

Nicht umsonst hat sich Spaceys Firma Trigger Street an der Produktion beteiligt. "Ordinary Decent Criminal" ist Spaceys Film. Allerdings nicht im Hollywoodschen Sinn, dass neben Spacey nur noch blasse Nobodys als Wasserträger mittun, und die Geschichte abgefeilt wurde bis zur maximalen Breitenwirkung. Die Nebenrollen sind gut besetzt (Cannes-Preisträger Peter Mullan als Gang-Mitglied), Details werden liebevoll gepflegt. Das Erzähltempo ist hoch, die Geschichte wird unerbittlich, manchmal fast schmerzhaft vorangeprügelt. Die Geschichte hüpft spektakulär und manchmal nicht ganz nachvollziehbar dahin, Charaktere kippen plötzlich um, der irische Akzent kommt und geht. Was aber über jeder Szene schwebt ist ein Gefühl von Spass und Lust am Filmemachen. Die ganze Crew um den irischen Regisseur Thaddeus O’Sullivan scheint sich ausgetobt zu haben. Ohne gross über Richtigkeit und Korrektheit zu diskutieren. Wer so richtig Freude hat an Spacey, und sich ein etwas wirres aber rasantes Vergnügen gönnen will, liegt mit diesem Film goldrichtig. Auch wenn bei einigen Szenen vielleicht mildes Kopfschütteln eintritt. - Danke, Mister Spacey.

10.11.2020

3

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Kommentare

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Janissli

vor 6 Jahren

Raffinierter Gauner, dem der Ruhm allmählich in den Kopf steigt. Das Katz- und Maus-Spiel mit der Polizei un das Zusammenspiel mit seinen Gaunerkollegen ist spannend und unterhaltsam.


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