Teaches of Peaches Deutschland 2024 – 102min.

Filmkritik

Watch the pain away

Maria Engler
Filmkritik: Maria Engler

Mit Songs wie «Fuck the Pain Away» oder «Lovertits» auf ihrem Album «Teaches of Peaches» sorgte Peaches Anfang der 2000er für Aufsehen. Eine Jubiläumstour für dieses bedeutsame Stück Musik ist der Anlass für den gleichnamigen Dokumentarfilm über die Künstlerin, der ein vielschichtiges Bild zeichnet und für jede Menge Stimmung sorgt.

Pünktlich zum neuen Jahrtausend, im Jahr 2000, erschien «Teaches of Peaches» – über 20 Jahre später bricht die Künstlerin Peaches nun zu einer Jubiläumstournee auf, um diese nach wie vor hochaktuelle Musik live zu performen. Die Doku zeigt die Vorbereitungen für diese Tour, Ausschnitte aus den Konzerten, aber auch vielfältige Einblicke in die Vergangenheit von Peaches und wo alles seinen Anfang nahm.

Die Dokumentation von Judy Landkammer und Philipp Fussenegger deckt mehrere Zeitebenen ab und nähert sich der Ausnahmekünstlerin Peaches so auf vielfältige Weise. Das Springen zwischen den Anfängen, ersten Erfolgen und der Tournee über 20 Jahre später ist dabei aber nie verwirrend oder störend, sondern vermag mit sinnvollem und klugem Schnitt zu unterhalten und zu fesseln. Dazwischen tummeln sich Interviews von Peaches selbst (Beiträge und Einblicke übrigens, denen man stundenlang lauschen könnte) und zahlreichen Weggefährt:innen.

Den meisten Raum nehmen allerdings die Vorbereitungen für die Tour und Mitschnitte der Konzerte selbst ein. Die intensive Begleitung der Proben entzaubern zwar ein wenig das Geheimnis und die magische Vorstellung von Spontanität und Wildheit auf der Bühne, sind aber gleichzeitig auch endlos faszinierend. In einem Grenzgebiet zwischen Punk und Professionalität werden mit grossem Fingerspitzengefühl Verbindungen zwischen Gegenwart und Vergangenheit hergestellt – so sehen wir beispielsweise die junge Peaches, die mit einem kleinen Koffer zum Auftritt anreist, während ihr älteres Pendant bergeweise Gepäck für ihre Show mitbringt.

Zwischen die konzentrierten Proben und entfesselt wirkenden Konzerte mischen sich grandiose Aufnahmen der frühen 2000er-Jahre: wilde Zeiten, in denen gerade dem Teenageralter Entwachsene MTV-Formate moderierten, Interviews in Badewannen geführt wurden und Peaches vor einem versteinerten Publikum bei «Top of the Pops» auftrat. Auch echte Lacher und Freude am Skurrilen vermag «Teaches of Peaches» zu entlocken – zum Beispiel, als Peaches ihre Sammlung an Kostümen präsentiert und wahlweise in gewagten Echthaarkreationen oder Outfits mit zahlreichen Gummibrüsten posiert. Ein Fest!

Einen wunderbaren Clash zwischen Bürgerlichkeit und Punk gibt es auch, wenn Einblicke in Peaches’ heutiges Leben gezeigt werden. Subtil und einfühlsam erhält man auch einen Blick auf die Privatperson hinter der Persona – umso krasser der Kontrast, wenn man die Mitte 50-Jährige danach auf der Bühne ausrasten sieht. Ebenso eindrucksvoll ist der Umgang der Musikerin mit dem Älterwerden. Sie stellt ihren Körper wie vor 20 Jahren offen zur Schau, scheut sich nicht vor Nacktheit und Ekstase. Bilder, die leider immer noch nicht zum Alltag gehören und einer der Gründe, die Peaches auch heute noch zu einer Vorreiterin weiblicher Selbstbestimmung machen.

«Teaches of Peaches» ist eine klug und einfühlsam inszenierte Dokumentation über die schillernde Künstlerin, die schon für sexuelle Befreiung und die Abkehr vom männlichen Blick kämpfte, als es nur wenige andere taten. Neben all ihrer Bedeutung für diese Befreiungskämpfe stellt sich beim Schauen aber vor allem riesiger Spass ein – die Ausschnitte aus den Konzerten sind mitreissend und laden zu einer wilden Party im Kinosaal ein. Und nach dem Film zum Zerlegen gesellschaftlicher Normen.

22.05.2024

4.5

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