Fantastic Machine Dänemark, Schweden 2023 – 88min.

Filmkritik

Ein gewaltiger Bilderrausch am Puls der Zeit

Michael Gasch
Filmkritik: Michael Gasch

Bilder und Bewegtbilder finden sich heute überall, doch wie genau kam es dazu? Diese Frage beleuchten die schwedischen Dokumentarfilmer Axel Danielson und Maximilien Van Aertryck in der eindrucksvollen Dokumentation «Fantastic Machine».

Wir schreiben das Jahr 1828 in Frankreich. Joseph Nicéphore Niépce hat soeben die erste Fotografie erschaffen. Nach 10 Stunden in einer Dunkelkammer entsteht das erste Foto der Welt: Die grauen Dächer Frankreichs in der Region Burgund stehen im starken Kontrast zu dem hellen Himmel. Es ist eine Sensation, die die Welt für immer verändern sollte. Heute gehören Bilder zum Alltag, viele Menschen verdienen sich auf unterschiedlichste Art ihre Brötchen damit. Von den beeindruckenden Anfängen, bis in die heutige Zeit von Instagram, Influencing und Co., wird eben jene Geschichte dokumentiert und der weltweite Hunger nach Bildern unter die Lupe genommen.

Es ist ein wahrlich rasanter Bilderrausch, der ab Minute eins folgt. Aufnahmen der Apollo-Mission treffen auf Bewegtbilder aus Familienhaushalten, Nachrichtenagenturen, Kriegsschauplätzen, Sehenswürdigkeiten, die Liste ist ellenlang. Es ist jedoch keine meditative Auseinandersetzung mit diesem Medium und schon gar nicht ein Experimentalfilm wie «Koyaanisqatsi», in dem die Bilder der Welt im Zeitraffer eine hypnotische Sogwirkung entfalten. Der grosse Unterschied: «Fantastic Machine» (der Originaltitel «And the King Said, What a Fantastic Machine» bezieht sich auf die Erfindung der Kamera) ist trotz seines Bilderrauschs eine akribische Auseinandersetzung mit der Bedeutsamkeit dieses weltumspannenden Mediums.

Immer wieder treffen Aufnahmen der Schönheit auf Bilder der Zerstörung – wo Licht ist, gibt es auch Schatten. Beinahe 200 Jahre Menschheitsgeschichte werden verdichtet und mit einem anregenden Voice-Over kombiniert. Es handelt sich jedoch weder um eine stumpfe Geschichtsstunde, noch um eine kunstwissenschaftliche Produktion, die nur für akademische Zielgruppen gedacht ist. Viel zu persönlich ist dieser Film, der vermutlich bei jedem Menschen im Publikum einen unterschiedlichen Nerv treffen wird. Die Augen bekommen viel geboten, das Gehirn ebenso.

Erstaunen, Inspiration, Faszination – all das vereint die Doku auf erstaunlichste Weise. Hinzu kommt eine gute Portion an wissenschaftlichen Erkenntnissen, beispielsweise dann, wenn erklärt wird, was beim Bilderkonsum im Kopf geschieht. Zusätzliche Brückenschläge wie das grosse Thema Instagram, die Monetarisierung von Bildern, Fake-News und Bildmanipulation werden gestreift, die visuelle Überreizung ist komplett. Mit vielen Bildern und noch mehr Fragen lässt uns «Fantastic Machine» zurück und das schafft in der Gesamtheit pure Faszination. Eine wahrlich grandiose Produktion am Puls der Zeit.

17.04.2024

4.5

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