Subtraction Iran 2022 – 107min.

Filmkritik

Zwei Paare, ein Aussehen

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Frisch ist das Motiv des Doppelgängers nun wirklich nicht mehr. Dennoch ringt ihm der iranische Regisseur Mani Haghighi in «Subtraction» reizvolle Facetten ab. Zwischen Ehedrama und Noir-Thriller pendelnd, kreiert der Film ein Klima des Unbehagens und reichert es mit sozialkritischen Untertönen an.

Die schwangere Fahrlehrerin Farzaneh (Taraneh Alidoosti) staunt nicht schlecht, als sie ihrem Mann bis zu einem unbekannten Wohnhaus folgt. Er geht fremd, so glaubt sie. Doch Jalal (Navid Mohammadzadeh) beteuert vehement, dass er an besagtem Tag ganz woanders gewesen sei. Nur wenig später stellt ihr Gatte eigene Nachforschungen an – und trifft dabei auf Bita, ein Ebenbild seiner Frau. Was noch verrückter ist: Bitas Ehemann Mohsen könnte Jalals Zwillingsbruder sein.

Aus dieser mysteriösen Prämisse entwickelt der auch für das Drehbuch mitverantwortliche Haghighi einen Film über Identitätsfragen, Geschlechterrollen und die Sehnsucht nach persönlicher Erfüllung in einem Unterdrückungsstaat. Befeuert von einer auf Spannung getrimmten Musik, stellt sich von Anfang an ein Knistern ein. Was geht hier vor sich? Und wohin mag es führen, wenn sich die Leben der beiden fast identisch aussehenden Paare zunehmend vermischen?

Interessant ist vor allem, wie der Regisseur seine Geschichte bebildert. Einerseits setzt er in der Inszenierung auf Realismus, verzichtet auf bedeutungsschwangere Symbole, die etwa Denis Villeneuves Doppelgänger-Thriller «Enemy» prägen. Andererseits erzeugt «Subtraction» wiederholt eine somnambule Stimmung und taucht das Geschehen, ähnlich wie David Finchers Serienkillerklassiker «Seven», in einen beinahe apokalyptisch wirkenden Dauerregen. Zuschauer, die es gerne rätselhaft haben und nicht für alles eine Antwort brauchen, dürften hier auf ihre Kosten kommen.



30.08.2023

3.5

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 7 Monaten

Gibt Filme, die am besten anzuschauen wären ohne jegliches Vorwissen.
Der Beginn gewänne, wüsste ich nicht, dass es um Doppelgänger geht.
Dennoch nimmt der Film Fahrt auf und nimmt einen mit - im doppelten Wortsinn.
Wollte ich ihn als Parabel lesen fürs System im Iran, bliebe nur die Hoffnung
(Spoilerlarm)
bliebe also nur die Hoffnung, dass sich die neue Generation nicht belügen lässt.Mehr anzeigen


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