Hochwald Österreich, Belgien 2020 – 107min.

Filmkritik

Vor dem Abgrund

Zurich Film Festival
Filmkritik: Zurich Film Festival

Evi Romen traut sich im Film Why not You (Hochwald), ein politisch aufgeladenes Thema anzuschneiden und macht das auf eine so einfühlsame und unbewertende Weise, das man mit einem warmen Gefühl wieder aus dem Kinosaal kommt.

Kritik von Jasmin Bärtschi

Im kleinen südtiroler Dorf Hochwald, das genau so aussieht wie es heisst, sticht der seltsame Mario heraus. Er möchte Tänzer sein, kriegt es aber nicht hin, eine Karriere daraus zu machen. Er lebt mit seiner Mutter über der örtlichen Metzgerei, hat seine Lehre abgebrochen und hält sich mit merkwürdigen Jobs über Wasser. Die Bewohner tratschen viel, und Mario ist häufig das Gesprächsthema.

Als sein Jugendfreund Lenz über die Feiertage zurück ins Dorf kommt, kommen alte Gefühle wieder hoch. Mario und Lenz kennen sich schon, seit sie klein waren. Sie hatten den gemeinsamen Traum, dem Bergdörfchen zu entfliehen. Das Leben hat Lenz aber bessere Karten zugespielt. Als Sohn eines Winzers konnte er aus dem Dorf raus und hat jetzt eine rosige Zukunft als Schauspieler vor sich. Mario hingegen hat zu wenig Geld, um das Dorf zu verlassen und steht sich bei vielem selbst im Weg.

Lenz lebt mittlerweile in Rom und ermuntert Mario, seinen Träumen nachzugehen. Gemeinsam besuchen sie eine Schwulenbar, wo plötzlich bewaffnete Männer hereinstürmen. Während Mario unversehrt davonkommt, fällt Lenz dem Attentat zum Opfer. Nach dem tragischen Ereignis stellt Mario sich immer wieder die Frage, wieso er unverletzt davongekommen ist, und Lenz starb. Und er ist nicht der einzige im Dorf mit diesem Gedanken. Die Reaktionen im Dorf senden ihn in eine Abwärtsspirale. Um mit seinem Trauma umzugehen, wendet Mario sich den Drogen zu. Er trifft auf einen alten Freud und wird durch ihn von einer muslimischen Gemeinschaft aufgenommen, die ihm wieder neuen Halt gibt.

Mario ist ein typischer Aussenseiter. Das wird unterstrichen von seinem ausgefallenen Tanzstil und seinen auffälligen Kleidern. Der Film vermittelt das Gefühl, zuhause nicht hinzugehören. Mario ist fehl am Platz im Dorf und könnte woanders ein deutlich besseres Leben haben. Doch das Schicksal hat ihm schlechte Karten zugespielt. Im Gegensatz zu seinem besten Freund Lenz, der seinen Träumen nachgehen konnte. Nach Lenz' Tod fragt man sich jedoch, wie viel unseres Lebens prädestiniert ist. Der Film behandelt ein politisch aufgeladenes Thema, ist dabei aber weder wertend noch mit Vorurteilen behaftet. Er hat viele interessante Figuren und zeigt eine Dorfgemeinschaft, die sich in dieser Weise überall auf der Welt finden lässt. Man würde sich für den Helden Mario ein Happy End wünschen: Dass er endlich aus dem Dorf rauskommt und seinen Träumen nachgehen kann. Damit lässt uns Evi Romen aber allein, denn Hochwald lässt letzten Endes vieles offen.

11.10.2020

4

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