RBG USA 2018 – 98min.

Filmkritik

The Notorious RBG

Gaby Tscharner
Filmkritik: Gaby Tscharner

Der Dokumentarfilm über das aussergewöhnliche Leben und Werk der amerikanischen Oberrichterin Ruth Bader Ginsburg macht die feministische Superheldin menschlich.

Übeltäterin, Hexe, Monster. Das sind nur einige der Schimpfworte, die Ruth Bader Ginsburg im Laufe ihrer Karriere an den Kopf geschmissen wurden und die in einer Montage der Beleidigung im Dokumentarfilm RBG aufzeigen, gegen welchen Widerstand die 85-jährige Oberrichterin im Laufe ihrer Karriere ankämpfen musste. Wie kommt es dann, dass heute Scharen junger Fans ihr Porträt, verziert mit einer schiefen Krone auf dem Haupt, auf T-Shirts und Kaffeetassen kleben und Ginsburg in unzähligen Memes zelebrieren? Die Doku RBG von Betsy West und Julie Cohen will auf diese Frage Antworten liefern.

Zunächst wird der Ursprung des Übernamens «The Notorious RBG» erklärt, der so sehr an den vor 20 Jahren ermordeten Rapper The Notorious BIG erinnert. „Wir haben einiges gemein“, erklärt Ginsburg im Film etwas kryptisch und liefert nur wenig mehr: „Wir sind beide aus Brooklyn.“ Der Film verfolgt Ginsburgs brillante Karriere als Juristin, ihren Kampf für die Rechte der Frauen am Arbeitsplatz, der die Leben amerikanischer Frauen nachhaltig verändert hat, und ihren Weg an den obersten Gerichtshof der USA, als nur zweite Frau. Gemeinsam mit der ersten weiblichen Oberrichterin Sandra Day O´Connor kreierte sie den RBG Look - schwarze Robe mit weissem Spitzenkragen. Ginsburg hat von diesem Accessoire heute eine ganze Sammlung im Schrank hängen, die sie den Kameras mit Wonne zeigt.

RBG porträtiert Ruth Bader Ginsburg nicht als Superheldin, wie sie von der Königin des amerikanischen Feminismus, Gloria Steinem, betitelt wurde. Der Film zeigt sie als rationale Denkerin ohne aufbrausendes Temperament, mit einer Leidenschaft für die Oper und einer Fähigkeit, sogar mit den radikalsten Konservativen wie dem Oberrichter Antonin Scalia enge Freundschaften zu schliessen. Auf juristischer Ebene hatte Ginsburg mit dem Abtreibungsgegner kaum etwas gemein – sie fand ihn aber witzig. Der Film zeigt die beiden beim Elefantenreiten und als Laiendarsteller, die gemeinsam in der Strauss-Oper «Ariadne auf Naxos» auftreten. Ihre Fähigkeit, Menschen von ihren Berufen und politischen Orientierungen trennen zu können, wird als ihre Stärke dargestellt.

Sie gilt als Aushängeschild des modernen Feminismus, aber Ruth Bader Ginsburgs Sicht auf Bewegungen wie #MeToo oder #TimesUp wird im Film RBG nicht angesprochen. Ihre Meinung zur Wahl ihres neuesten Kollegen, Brett Kavanaugh, wird auch nicht eingeholt. Wir sehen die Oberrichterin hingegen im Fitnesscenter, mit einem T-Shirt, auf dem "Super Diva" steht.

Die stärksten Momente des Films sind private, wie etwa alte Fotos und Reden von Ginsburgs Mann Marty. Als Sie 1980 als Oberrichterin eingeschworen wurde, sass er mit sichtbarem Stolz hinter ihr. Ein Position, die ihn nicht störte. Er sei sich seiner eigenen Fähigkeiten sicher genug gewesen, um sich von seiner Frau nicht bedroht fühlen zu müssen. Oder wie Ginsburg es formuliert: „Er war der erste Junge, dem es wichtig war, dass ich etwas im Kopf hatte.“

15.05.2019

3.5

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Kommentare

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thomasmarkus

vor 4 Jahren

Der Film lässt auf Amerika und die Zivilgesellschaft hoffen.
Und: Warum die gemeinsame Herkunft aus Brooklyn verbindet?
Rabbi Hillel: Beurteile nie einen Menschen, bevor du nicht an seiner Stelle gestanden bist...


filmmann

vor 5 Jahren

okey


filmmann

vor 5 Jahren

okey


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