CH.FILM

Follow the River Schweiz 2018 – 60min.

Filmkritik

Grenzen angehen und überwinden

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Zwei Männer hatten eine Idee und nahmen sie tatkräftig an die Hand – wortwörtlich. Rüdiger und Dominic wollen von Thun an die Nordsee paddeln und zurück mit dem Velo fahren. Eine Herausforderung über 2000 Kilometer. Nicht ohne Handicap: Rüdi hat seine Beine verloren und sitzt im Rollstuhl. Ein Roadmovie der anderen Art.

Im Leben kann einiges schief gehen und Menschen aus der Bahn werfen. Was macht ein Bewegungsmensch beispielsweise, wenn er von heute auf Morgen an einen Rollstuhl gefesselt ist? So ist es Sportler Rüdiger Böhm (46) ergangen, als er unter einen Lastwagen geriet und beide Beine verlor. Das war vor etwa zwanzig Jahren. Doch Rüdi hat sich nicht unterkriegen lassen. Zusammen mit seinem Freund Dominic Kläy (31) plante er eine Reise der speziellen Art.

Die Zwei wollen von Meiringen aus auf Wasserwegen die Nordsee ansteuern – in einem Kajak, und dann zurück rollen auf Rädern, auf Velorädern. Der Idee folgten Taten. Am 22.Juli 2017 starteten die beiden in Meiringen, jeder in seinem Kajak. Das Ziel ist 1250 Kilometer entfernt: Rotterdam. Zunächst ging alles flott voran, bis ihnen auf dem Thunersee hoher Wellengang zu schaffen machten. Man kenterte. Dominic wollte aussteigen, brauchte eine Pause. Erst nach einer «reinigenden Aussprache» fand man sich wieder und erreichte am 7. Tag und nach 275 Kilometern den Rhein. Der Schiffsverkehr nahm zu, wie auch die Schleusen. Nicht alle Schleusenwärter wollten die beiden Kajakfahrer passieren lassen, und so mussten sie wie beim legendären Herzog-Film «Fitzcarraldo» die Boote um die Schleuse herum schleppen.

Am 12. August erreichten die hartnäckigen Paddler Holland. Doch die Tour, die teilweise zur Tortur wurde, war nicht spurlos an den Freunden vorübergegangen. Es kam zu Reibereien und Auseinandersetzungen. Das Ziel Rotterdam war zwar erreicht, doch die Nordsee in weite Ferne gerückt – Wasser und Wetter verunmöglichten eine Weiterfahrt. Doch ihre werbewirksame Aktion wollten sie nicht einfach versenken und nahmen die Rückfahrt auf zwei Rädern in Angriff: Dominic auf einem Rennrad, Rüdi auf einem Handbike. Vor allem für den handikapierten Velofahrer mit Handbetrieb bedeutete diese Velotour unglaubliche Strapazen, eben ein Kraftakt, um sein Bike mit den Händen bergaufwärts – etwa im Jura – zu bewegen.

Sie wollten ein Zeichen setzen, unterstreicht Rüdiger Böhm, ursprünglich aus Karlsruhe und in der Schweiz heimisch geworden. Es ging nicht um Behinderung und Handicap, sondern darum, Grenzen anzugehen und zu überwinden, um totalen Einsatz für ein Ziel. Die 2000 Kilometer-Tour wurde von einem professionellen Team begleitet und solide dokumentiert. Filmemacher Jan Mühlethaler hat das Unternehmen Follow the River festgehalten – in stimmigen Bildern und Einblicken in den Touralltag.

23.04.2018

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