Los perros Argentinien, Chile, Frankreich, Portugal 2017 – 94min.

Filmkritik

Die unerträgliche Schwerelosigkeit des Seins

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Marcela Said erzählt von den kleinen Irritationen im Leben einer Chilenin um die 40 und rückt dabei verstohlen die düster lastende Vergangenheit ihres Heimatlandes ins Rampenlicht.

Los perros – die Hunde: Damit dürften im zweiten Spielfilm von Marcela Said vorerst die Vierbeiner in Marianas Leben gemeint sein. Ihr Hund Neptuno und sein Nachfolger. Die sich um ein Mädchen drapierenden Windhunde auf dem Bild, welches Mariana von ihrem Gatten Pedro geschenkt bekommt und die zeitgenössischen Mensch-Hund-Fratzen, die Mariana in ihrer Kunstgalerie ausstellt. Die könnte man gesellschaftskritisch verstehen, wenn man möchte.

Mariana geht es gut. Ihre Familie ist zu Pinochets Zeiten zu Wohlstand gekommen, Mariana wird dereinst Vaters Firma übernehmen. Doch noch steht er in der Verantwortung, und sie soll nicht zu viel fragen, schon gar nicht nach der Vergangenheit: Mariana steckt die Zurückweisung schulterzuckend weg. Auch dass sie Pedro den sehnlich gewünschten Nachwuchs bisher nicht schenken konnte, kümmert sie wenig: Fast schon widerwillig lässt sie die vereinbarte Hormonbehandlung über sich ergehen; viel Zärtlichkeit und körperliche Nähe ist nicht vorhanden zwischen den beiden, die zusammen hausen, aber ihren Alltag weitgehend unkoordiniert führen.

Man trifft sich zufällig, zeigt sich dann und wann gemeinsam in Gesellschaft, Gespräche enden meist im Zwist. So hat Mariana viel Zeit zu tun, was ihr beliebt: Wenn sie sich nicht um ihre Villa oder Galerie kümmert, besucht sie ihr vor kurzem erworbenes Pferd auf der anderen Seite der Stadt. Hier nimmt sie Reitstunden bei Juan, einem so gutaussehenden wie charmanten ehemaligen Colonel.

Mariana verliebt sich, merkt später erst, dass Juan, genauso wie ihr Vater und ihr Mann, eine zwielichtig-belastende Vergangenheit hat. Doch anders als Vater und Pedro lässt Juan bei Reitausflügen Fragen bisweilen zu. Und das lässt Mariana, die zu jung ist, um direkt in der Verantwortung für damals Geschehenes zu stehen, in schwindelerregende Abgründe blicken…

Los perros ist über weite Strecken ein Film von betörender Naturidylle, und er hat etwas Somnambules an sich. Antonia Zegers, in ihrer Heimat bekannt vor allem aus unzähligen TV-Serien, spielt Mariana schroff, aber intensiv, als eine Frau, die in einer männerdominierten Welt unerschrocken-fatalistisch ihre Wege zu gehen versucht. Und so ist Los perros denn ein verhalten nach Emotionalitäten tastender Frauenfilm, zugleich das beunruhigende Porträt einer Gesellschaft, welche alles tut, die Schatten der Vergangenheit im Licht der Sonne nicht aufblitzen zu lassen.

05.07.2018

4

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