Je suis Charlie Frankreich 2015 – 90min.

Filmkritik

Ein Attentat auf den Humor

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Je suis Charlie arbeitet die tödlichen Attentate auf die Redaktion der Satirezeitschrift "Charlie Hebdo" auf. Ein bedrückender Film, der nachdenklich stimmt und das Geschehene in einen größeren Zusammenhang einordnet.

"Je suis Charlie" – mit diesem Satz zeigen Menschen bis heute ihre Solidarität mit den Opfern des brutalen Angriffs auf "Charlie Hebdo". Es war der 7. Januar 2015, als zwei islamistische Terroristen die Redaktionsräume in Paris stürmten und fast die gesamte Redaktion ermordeten. In den Tagen darauf fielen noch weitere Menschen radikalen Terroristen in Paris zum Opfer. Der weltweite Schock über die Vorfälle war unermesslich, überall gingen die Menschen auf die Straßen und bekundeten Solidarität. Sie protestierten für Meinungs- und Pressefreiheit sowie gegen religiösen Fanatismus und Terrorismus.

Genau ein Jahr nach den Anschlägen startet die Dokumentation von Daniel und Emmanuel Leconte in vielen europäischen Ländern in den Kinos. Die überlebenden Redakteure der Zeitschrift nahmen bereits wenige Tage nach dem Anschlag ihre Arbeit wieder auf. Das erste Heft danach (Titel: "Das Journal der Überlebenden") erschien mit einer Auflage von sieben Millionen Stück und ist damit die historisch meistgedruckte Ausgabe einer Zeitung in Frankreich.

Der Zeitpunkt der Veröffentlichung des Films ist gekonnt gewählt, da die Ereignisse noch frisch und den Menschen gut im Gedächtnis sind. Die Bilder von den Protestierenden mit ihren "Je suis Charlie"-T-Shirts und Plakaten haben sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt. Eine beklemmende Stimmung entsteht beim Betrachten des Films vor allem in den Momenten, in denen die zu Tode gekommenen Karikaturisten und Mitarbeiter in älteren Interviews über ihre Arbeit sprechen – eine wichtige für die politische und öffentliche Meinungsbildung, aber ebenso gefährliche Arbeit. Vor allem der Cartoonist Cabu äußert immer wieder, wie Schmal der Grat zwischen Freiheit der Satire und der Gefahr ist, durch Karikaturen zu Opfern fundamentaler, ultrakonservativer Islamisten werden zu können.

Durch alte Archivaufnahmen, die die Redaktion beim Arbeiten oder in Konferenzen zeigen, liefert der Film zudem höchst spannende Einblicke in den Arbeitsalltag der Mitarbeiter einer der profiliertesten Satirezeitschiften des Landes, die bis heute allein 14 mal von der katholischen Kirche verklagt wurde – und die Prozesse stets gewann. Ausführlich verweist der Film auch auf die Ereignisse in den Tagen danach (u.a. ein Attentat in einem Supermarkt für koschere Lebensmittel) und sieht die Ereignisse auch in einem größeren Rahmen, wenn er z.B. die Frage aufwirft, wie weit Satire überhaupt gehen darf. Nachhaltig bleiben die Berichte der wenigen Überlebenden in Erinnerung. Wenn sie über das kaltblütige Vorgehen der Terroristen sprechen und wie sie selbst nur knapp dem Tod entkamen, stockt einem der Atem.

04.01.2016

5

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