CH.FILM

Als die Sonne vom Himmel fiel Schweiz 2015 – 80min.

Filmkritik

Der unsichtbare Tod

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Der beklemmende Film Als die Sonne vom Himmel fiel ist ebenso Dokumentation über die Folgen der Atombombe von Hiroshima wie Anklage gegen die Nutzung von Kernkraft.

Die Regisseurin Aya Domenig begibt sich in Als die Sonne vom Himmel fiel auf die Suche nach der Geschichte ihres Großvaters, der nie über das sprach, was er im Sommer 1945 erfahren musste. Er erlebte den Atombombenabwurf über Hiroshima hautnah mit, da er im Rotkreuzspital der Stadt arbeitete. Domenig befragt ihre Großmutter über diese Zeit und spricht mit Zeitzeugen, die mit ihrem Großvater zusammenarbeiteten, als die Stadt in der Feuerhölle und Radioaktivität unterging. Ein hohes Maß an Aktualität erfährt ihr Film, als sich die Atomkatastrophe von Fukushima ereignet.

Domenig nutzt für ihre Doku originale Schwarz-Weiß-Bilder und seltene Farbaufnahmen der zerstörten Stadt, die erst in den 80er-Jahren in den USA veröffentlicht wurden. Nach dem Abwurf starben ca. 80'000 Menschen sofort, noch Jahre danach verendeten aufgrund der unsichtbaren Verstrahlung Zehntausende. Viele Jahre wurde über die wahren Auswirkungen und die dramatischen Gefahren von Radioaktivität geschwiegen. Auch im Japan der Gegenwart haben Atomkraft-Gegner einen schweren Stand. Der Film verleiht ihnen nun eine Stimme, die man nicht überhören kann.

Ein hohes Maß an Individualität und persönlicher Note erfährt der Film durch die Herangehensweise und Motivation der Regisseurin, der Geschichte ihres Großvaters nachzuspüren. Vorsichtig nähert sie sich diesem sensiblen Thema und befragt u.a. ihre Großmutter oder auch ehemalige Krankenschwestern und Kolleginnen ihres Großvaters. Diese – das merkt man an ihren Gesichtsausdrücken und eine Frau spricht es ganz deutlich aus – haben auch heute noch große Probleme, über die Tragödie zu sprechen und sich zu erinnern. Dennoch entlockt Domenig ihnen mit viel Feingefühl und Gespür ebenso beklemmende, wie wichtige Informationen über das Ausmaß der Katastrophe.

Wichtig deshalb, da die Öffentlichkeit über jedes Detail und die verheerenden Folgen der Radioaktivität informiert werden muss. Vor allem der von ihr befragte Arzt, der auch ihren Großvater kannte, berichtet - verstörend ruhig und emotionslos - über die Schrecken. Dazu liefert Domenig viel Bildmaterial von verbrannten Opfern oder völlig entstellten, nicht mehr zu identifizierenden Leichen. Diese Bilder sind radikal und mitunter schwer zu ertragen, aber notwendig. Als einen Wink des Schicksals mag man es betrachten, dass sich die Atom-Katastrophe von Fukushima just in jenen Wochen ereignete, als Domenig noch an ihrem Film arbeitete. Sie baut Bilder vom zerstörten AKW und anschließenden Anti-Atom-Demos in ihren Film ein und kann damit schonungslos aufzeigen, dass Kernenergie auch in der Gegenwart unberechenbar ist.

14.04.2024

4

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 8 Jahren

Ich habe den Film zweimal gesehen und war jedes Mal sehr berührt! Danke für diesen Film!


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