10 Milliarden - Wie werden wir alle satt? Deutschland, Indien 2015 – 107min.

Filmkritik

Urban Gardening statt Industrienahrung

Walter Gasperi
Filmkritik: Walter Gasperi

Bis 2050 soll die Weltbevölkerung auf 10 Milliarden ansteigen. Valentin Thurn spürt der Frage nach, wie diese Menschen dann noch ernährt werden können, da doch jetzt schon jeder Dritte nicht genug zu essen hat – und stellt überraschende Lösungsansätze vor.

In seinem Erfolgsfilm Taste the Waste spürte Valentin Thurn der Verschwendung von Lebensmitteln nach und zeigte Alternativen auf. Wie bei diesem Film führt auch in 10 Milliarden – Wie werden wir alle satt? die Recherche um die ganze Welt. Thurn hält als Kommentator aus dem Off mit seiner zunehmend klareren Haltung nicht hinter dem Berg, präsentiert sich selbst aber nur zu Beginn vor der Kamera, wenn er in Thailand ein Insekt verzehrt und fragt, ob das auch bald die Nahrung der Europäer sein wird.

Von diesem starken Einstieg ausgehend lässt der Dokumentarfilmer und Buchautor sich im Bayer-Konzern über die Vorzüge des genmanipulierten, salzwasserresistenten Saatguts informieren, um dann in Indien zu entdecken, dass jahrhundertealte heimische Reissorten viel widerstandsfähiger sind. Die auf den ersten Blick nicht evidenten vielfältigen negativen Auswirkungen von Hybrid-Saatgut werden anschaulich aufgedeckt, um dann als Gegenbeispiel die Wirtschaftsweise eines deutschen Bio-Bauern vorzustellen.

Nicht nur um die Nahrungsmittelproduktion, sondern um nachhaltiges Wirtschaften, bei dem die Ressourcen der Erde nicht ausgebeutet werden, geht es. In immer wieder dialektischem Gegensatz von Forschung und Industrie auf der einen Seite und einfachen kleinräumigen Initiativen auf der anderen arbeitet Thurn seine Agenda sachlich und informativ ab. Den Bogen spannt er dabei von den globalen Folgen des zunehmenden Fleischkonsums, Versuchen mit künstlichem Hackfleisch und genmanipulierten Lachsen bis zu Projekten des "Urban Gardening" in Deutschland, den USA und Großbritannien.

Langsam verschiebt sich so im Laufe des Films der Fokus immer mehr auf diese Alternativen und die Botschaft wird Schritt für Schritt verstärkt. Der belehrende Kommentar von Thurn wäre da in seiner Ausführlichkeit gar nicht nötig gewesen, denn auch ohne diesen wird die Botschaft klar herausgearbeitet: lokale und saisonale Produkte kaufen, gutes Fleisch hat eben seinen Preis, auf Nachhaltigkeit achten und auch selbst aktiv werden.

10 Milliarden – Wie werden wir alle satt? ist sicher kein Film, der Unbekanntes aufdeckt, neue Einblicke bietet oder polemisiert, aber Thurn gelingt es durch umfangreiche Recherche, sorgfältigen Aufbau mit kontrastierender Montage und geschickter Auswahl der Gesprächspartner, Zusammenhänge aufzuzeigen und damit nicht nur zum Nachdenken, sondern vielleicht auch zum besonneneren Nahrungsmittelkauf und zum Handeln anzuregen.

27.08.2015

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