Yossi Israel 2012 – 85min.

Filmkritik

Alte Wunden, neuer Anfang

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Mit Yossi & Jagger gelang dem israelischen Regisseur Eytan Fox vor zehn Jahren ein international gefeierter Klassiker des Queer Cinemas. Mit Yossi kehrt er zum Überlebenden seiner Protagonisten zurück und setzt dabei auf jene Qualitäten, die Fans an all seinen Filmen schätzen.

Zehn Jahre ist es her, dass Eytan Fox in Yossi & Jagger die rührend-tragische Liebesgeschichte zweier Soldaten erzählte und ihm damit - obwohl zunächst bloß als TV-Produktion gedacht - ein weltweiter Festival- und Arthouse-Hit gelang. Yossi rang damals so sehr mit seinem Schwulsein, dass er sich nur zu einer Beziehung im Verborgenen imstande sah. Jagger musste am Ende im Job sein Leben lassen. Nun kehrt der israelische Regisseur zum Überlebenden seines wohl bekanntesten Films zurück.

Noch immer ringt Yossi (Ohad Knoller), der inzwischen als Arzt im Krankenhaus arbeitet, mit seiner Homosexualität. Weder die mit ihm flirtende Pflegerin noch mit ihm befreundete Kollegen wissen, dass er schwul ist. Triebbefriedigung sucht er - wenn überhaupt - über den Umweg des Internets, ansonsten reibt er sich in der Arbeit auf. Als er eines Tages Jaggers Mutter behandeln muss, der gegenüber er sich nie als Partner ihres Sohnes offenbart hat, reißt das alte Wunden auf, die ohnehin kaum verheilt waren. Ein zwangsverordneter Urlaub führt ihn raus aus Tel Aviv und soll helfen, den Kopf freizubekommen. Und tatsächlich erwacht zaghaft eine längst vergessen geglaubte Lebensfreude in ihm, als er unterwegs eine Gruppe junger Soldaten aufgabelt, zu der auch der offen schwule Tom (Oz Zehavi) gehört. Doch für einen Neuanfang muss Yossi sich erst von seiner Last aus Selbstzweifel, Schuldgefühlen und Trauer befreien.

So irritierend die Idee einer Fortsetzung von Yossi & Jagger auf den ersten Blick erscheint, so gut gelingt sie. Knoller zeigt wieder den einsamen Wolf, dessen Traurigkeit auch ohne viele Worte zum Greifen spürbar wird. Und Eytan Fox, der all seine Filme an amerikanisch geprägten Mainstream-Konventionen orientiert, schneidet seine einfühlsame Inszenierung ganz auf ihn zu. Dabei erzählt Yossi nicht nur von einem Mann, der sich so sehr abkapselt, dass er die gesellschaftlichen Veränderungen um sich herum kaum wahrzunehmen scheint. Es geht, ganz allgemein, auch um den Wandel, der sich in Israel auf der einen und im Selbstverständnis schwulen Lebens auf der anderen Seite in den letzten Jahren vollzogen hat. Den Gefühlshaushalt seines Protagonisten verhandelt Fox dabei vielleicht nicht so komplex und abgründig, wie er es zuletzt etwa in Keep the Lights On getan hat. Zutiefst berühren tut Yossi dennoch allemal. Inklusive des abermals vage gehaltenen, dieses Mal aber deutlich optimistischeren Endes.

17.12.2012

4

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Kommentare

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burgwart

vor 11 Jahren

Schöner Film mit glaubwürdigen Darstellern, der es wagt, eine Geschichte gemächlich und ganz nahe bei den Figuren weiter zu erzählen.


freigut

vor 11 Jahren

Sensibler und bewegender Film. Bemerkenswert, was dieses kleine Land Israel immer wieder für superbe Filme hervorbringt...


amosch

vor 11 Jahren

wie immer toller eytan fox film!


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