The Impossible Spanien, USA 2012 – 107min.

Filmkritik

Das schale Wunder von Khao Lak

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Eine spanische Familie will Weihnachten 2004 an der thailändischen Küste verbringen. Doch dann reisst der Tsunami vom 26. Dezember sie auseinander. Jede Überlebenshoffnung scheint erloschen. Doch es kommt anders: in der Wirklichkeit damals und nun im Film von Juan Antonio Bayona, einer zwiespältigen, starbesetzten Mixtur aus Katastrophenfilm und Melodrama.

Seit seinem gefeierten Filmdebut El orfanato gilt Bayona als Psychothriller-Spezialist. Und er wird diesem Ruf in gewisser Weise erneut gerecht: In The Impossible nutzt er alle filmtechnischen Möglichkeiten, um die Flutwelle und ihre Zerstörungskraft drastischer und bombastischer zu zeigen, als man das in dokumentarischen Aufnahmen je gesehen hat. In der Kombination mit weiterverarbeiteten Erlebnisberichten der direkt Beteiligten kreiert er ein Human-Touch-Drama, das einem als Zuschauer einem Wechselbad der Gefühle aussetzt.

Das raffiniert gestaltete Drehbuch hat aus der Originalfamilie eine britische gemacht, wodurch die Bahn frei wurde für eine international zugkräftige Besetzung: Ewan McGregor gibt mit Verve den besorgten Vater. Und Naomi Watts erspielt sich mit ihrer Parforce-Leistung als geschundene, kämpferische Mama sogar eine weitere Oscar-Nominierung. Überzeugend ist auch Tom Holland als ältester Sohn in seiner ersten Filmrolle.

Juan Antonio Bayona hat vieles richtig gemacht. Das Werk ist ein Kassenschlager und den Vorwurf der Effekthascherei kann man ihm nur bedingt machen. Doch mit dem Wissen von über 200'000 Toten, einer grossen Zahl von lebenslang physisch und psychisch Versehrten (notabene vorwiegend asiatische Einheimische) haftet der Überlebenssaga ein schaler Beigeschmack an. Es muss erlaubt sein darüber nachzudenken, ob Jahre nach der Katastrophe nicht ein differenzierterer, über Einzelschicksale hinausweisender Film denkbar gewesen wäre; Themen wie mangelhafte Frühwarnsysteme oder die Nachbetreuung der Opfer hätten sich angeboten.

Bayona belässt es bei der pseudodokumentarischen Ereignisschilderung. Interessant, dass einem dennoch eine Szene im Gedächtnis bleibt, die mit hoher Wahrscheinlichkeit reine Fiktion ist: eines Nachts redet einer der Söhne im Auffanglager mit einer alten Dame. Es geht um das Phänomen der Sterne am Firmament, die leuchten, obwohl sie bereits erloschen sind. Géraldine Chaplin spielt diese Frau und im Dialog mit ihrem kleinen Partner werden poetische Akzente gesetzt, die mehr über Leben, Tod und Schicksalsfügung aussagen, als alle spektakulär servierten "wahre Geschichten" des Wunders von Khao Lak.

12.02.2013

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Kommentare

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Urs23

vor 9 Jahren

Berührt einem, allerdings ein doch etwas zu glückliches Ende verglichen mit den zahlreichen schlimmen Tragödien, die der Tsunami angerichtet hat


Schlosstaube

vor 10 Jahren

Ein Film den man nicht gesehen haben muss... Eine wahre Tragödie, aber das muss man sich nicht extra noch vor Augen führen.

Zuletzt geändert vor 5 Jahren


zmoergi

vor 10 Jahren

Emotional sehr packender Film vor allem wenn man selber Familie hat. Die Verfilmung dieses schrecklichen Ereichnisses ist sehr gut insceniert.


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