Le magasin des suicides Belgien, Kanada, Frankreich 2012 – 80min.

Filmkritik

Accessoires für den stilechten Selbstmord

Filmkritik: Eduard Ulrich

Patrice Leconte wagt sich mit seiner "Verzeichentrickfilmung" des gleichnamigen Romans von Jean Teulé auf die Äste hinaus: Es ist sein erster Trickfilm, es wird viel gesungen und der Roman galt als schwer zu verfilmen. Eine Einschätzung, die wohl weiterin gelten wird, denn das Resultat spricht in seinem Retro-Gewande zwar Liebhaber skurriler Tableaus an, Geschichte, Figuren und Musik sind aber etwas gar einfach geraten. Immerhin bleibt so der Kopf für die detailreichen und liebevoll gestalteten Bilder frei.

Eine moderne Großstadt, deren Bevölkerung die Lebenslust vergangen zu sein scheint. In Mitten kühler Hochhäuser und verschmutzter Luft floriert ein Tante-Emma-Laden für Mittel jeglicher Art, um sich elegant und schwungvoll vom Leben zum Tode zu befördern. In der Wahl der Methode zeigt sich der wahre Charakter eines Menschen: Der Mutige greift zum stilvollen Samurai-Schwert, die Feige zum Gift im ansprechenden Parfüm-Flakon.

Da kann sich die Phantasie des Autors und der drei Zeichner austoben, das ist die Inspirationsquelle für die Chansons, die immer wieder eingestreut werden. Der Familienbetrieb kann neben dem Elternpaar auf einen Sohn und eine Tochter im jugendlichen Alter zählen, doch kündigt sich weiterer Nachwuchs an, der das eingespielte Quartett nicht nur organisatorisch durchschütteln und auf andere Gedanken bringen wird. Dieser Transformationsprozess unter dem Druck des lebenslustigen Sprösslings, der die familiären Tabus und die unausgesprochenen Regeln bricht, wird im Zeitraffer vorgeführt, denn der Film ist kurz und zusammen mit den Musikeinlagen bleibt nicht viel Erzählzeit übrig.

Das ist allerdings nicht weiter schlimm, denn die Geschichte ist einfach, sie wird geradlinig umgesetzt und auf eine tiefere Charakterausdeutung der Figuren wurde verzichtet. Genießen kann man die originell gestalteten Bildräume, die mit ihrer an alte Kinderbücher erinnernden Kavalierperspektive und ihrem Reichtum an Details und Farbschattierungen jede Aufmerksamkeit verdienen und belohnen.

Abstriche muss man bei den Bewegungen der Figuren und ihren Gesichtern hinnehmen, die bewusst schematisch gehalten sind, aber Strichmännchen brillieren ohnehin selten mit ihrem differenzierten Minenspiel. Wer mit der Musikbandbreite vom französischen Chanson bis zur aktuellen Unterhaltungsmusik klarkommt und eine Schwäche für bizarre Typen hat, wird von dieser schwarzen Komödie gut unterhalten.

16.04.2013

3

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Kommentare

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spiggy

vor 10 Jahren

Es hätte durchaus morbider sein dürfen. Und ich hasse Singen in Filmen!


foxtrott

vor 11 Jahren

Skuriler Film... bereits auf DVD seit Februar erhältlich...


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