Der Dieb des Lichts Frankreich, Deutschland, Kirgisistan, Niederlande 2010 – 80min.

Filmkritik

Nicht ohne meine Räder

Filmkritik: Eduard Ulrich

Ökofundis gibt's nicht nur bei uns, auch Kirgistan hat wenigstens einen zu bieten. Der fährt Fahrrad und baut Windräder, kommt aber grausam unter die Räder im übertragenen Sinn, als der globale Markt sein Dorf erreicht.

Er hat eine liebevolle Frau, drei herzige Töchter und eine interessante Arbeit als Elektriker: Was fehlt ihm noch zum Glück? Als er das schmerzliche Manko seinem besten Freund gesteht und ihm eine unmoralische, aber pragmatische Lösung vorschlägt, ist man überrascht, denn dieser anachronistische Wunsch passt nicht zum sonst modern wirkenden Handwerker, der als einziger im Dorf mit dem magischen, immateriellen Stoff umgehen kann.

Strom ist dort mehr als Energie für Licht und Maschinen: Einerseits wird ihm Heilkraft für ein reproduktionsmedizinisches Problem zugeschrieben - vom zugehörigen Ritual ist aber eindringlich abzuraten! Andererseits bedeutet er Fortschritt, und er ist knapp, also teuer. Da manipuliert unser herzensguter Protagonist angesichts leerer Kassen seiner Nachbarn schon mal einen Stromzähler, dass jener zum Gutschriftautomaten mutiert. Wind gibt's in der Gegend allerdings mehr als genug, und so tüftelt dieser autodidaktische Grüne, der kaum je ohne sein Fahrrad unterwegs ist, jede freie Minute an einem kleinen Windkraftwerk, das Grundlage für einen Windpark werden soll, der nicht nur das Dorf mit Strom versorgen könnte.

Diese Idee gefällt einem Politiker, der um die Gunst der Wähler buhlt und Investoren auftreibt. Schneller als man denken kann gerät nun dieser Flecken im Nirgendwo in den Mahlstrom der Globalisierung. Ein archaischer Brauch - man benötigt dazu ein Pferd, ein Seil, eine Frau und einen Mann, Nachahmung empfohlen! - muss seine Geschäftstauglichkeit beweisen, dass dem traditionenverhafteten Menschenfreund alle Sicherungen durchbrennen: ob Chinese oder Kirgisin, was unter den Kleidern zum Vorschein kommt, ist erfreulich kompatibel.

Die Bilder können sich sehen lassen, manchmal vertraut der Regisseur zuwenig darauf und setzt auf monologlastige Revolutionsrhetorik. In dieser kurzen Fabel vom Eroberungsfeldzug der Moderne wird einer überfordert, weil sich die Welt um ihn herum so rasch und radikal ändert, dass er nicht versteht, was geschieht. Wir können dabei einen Blick in die eigene Vergangenheit werfen, als der technische Fortschritt die althergebrachten Mittel verdrängte, nur dass es bei uns Generationen dauerte, dort einige Jahre. Sind Pferde klüger als Menschen? Manchmal, aber sie sind immer klüger als Autos, auch wenn jene lauter sind, aber genützt hat es ihnen nichts.

14.02.2011

3

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