Edge of Love - Was von der Liebe bleibt Grossbritannien 2008 – 110min.

Filmkritik

Postkartenflut

Cornelis Hähnel
Filmkritik: Cornelis Hähnel

Der walisische Dichter Dylan Thomas war eine Künstlerseele wie aus dem Bilderbuch: einerseits unglaublich begabt schrieb er hauptsächlich Lyrik von bewegender Schönheit, auf der anderen Seite war er ein neurotischer, kränklicher Trinker und Schürzenjäger. Eigentlich beste Vorraussetzungen für ein interessantes Biopic - wenn man, ja wenn man Dylan Thomas zur zentralen Figur nehmen würde. London, 1944. Mitten in den Wirren des Krieges trifft die junge Vera (Keira Knightley) zufällig in einer Bar ihre Jugendliebe Dylan Thomas (Matthew Rhys) wieder. Freudig beginnen sie zu flirten, ihre Gefühle könnten neu entflammen doch Dylan ist mittlerweile mit der abenteuerlustigen Caitlin (Sienna Miller) verheiratet. Bedingt durch die äußeren Umstände und die akute Wohnungsnot zieht das Paar mit Vera in eine gemeinsame Wohnung. Es entwickelt sich eine leidenschaftliche Ménage à Trois. Als der charmante junge Offizier William (Cillian Murphy) Interesse an der schönen Vera bekundet, werden die Grenzen der Liebe immer noch nicht eindeutig. Im Gegenteil. Als William an die Front muss, ziehen die Drei an die walisische Küste und Vera muss sich zwischen Liebe und Freundschaft entscheiden. Der britische Regisseur John Maybury, der mit dem Video zu "Nothing Compares 2 U" von Sinéad O'Connor einen Meilenstein des Musikfernsehens geschaffen hat, legt weiterhin Wert auf die große Geste: Mit geballtem Staraufgebot erzählt er in opulenten Bildern, lose basierend auf biografischen Aspekten von Dylan Thomas Leben, letztlich die Geschichte einer Freundschaft von zwei Frauen. Wer bei "Edge of Love" ein Künstlerportrait erwartet, muss enttäuscht werden, denn im Zentrum stehen vier liebende Personen (auch wenn im Vorfeld immer wieder das Wort Dreiecksbeziehung fällt), von denen eine zufällig berühmt ist. So interessant und lobenswert dieser Ansatz auch sein mag, in der dramaturgischen Umsetzung geht er nicht wirklich auf. Zwar ist die Leistung der Hauptdarsteller über dem Durchschnitt und auch Boho-Girl Sienna Miller weiß zu überzeugen, aber leider rutscht das Spiel aller aufgrund des übertriebenen Ästhetizismus in den Hintergrund. Mit Photoshop-Gesichtern mäandern sie durch Berge von Sepia und liegen in dunklen Kammern erleuchtet von Strahlen gleißenden Sonnelichts. Jede Einstellung des Films hat scheinbar den Anspruch, später als eigene Kunstpostkarte verkauft zu werden. Immer wieder erfasst die Kamera das Geschehen aus ambitionierten, aber überflüssigen Winkeln, Aufsichten und mit seltsamen Fluchtpunkten. Immer wieder werden Szenen bedeutungsschwanger überblendet oder auf Assoziation geschnitten. Mitunter mag das gelingen, aber wenn selbst der Krieg zum ästhetisch aufgemotzten Schuttberg wird und ein roter Mantel durch den tristen braunen Alltag wandert, setzt die endgültige (Farb-)Übersättigung ein.

24.11.2015

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Kommentare

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anabah

vor 11 Jahren

Bei uns lief der Film nicht im Kino, soweit ich mich erinnern kann. Ist ja schon ein Weilchen her. Jedenfalls hat er mich sehr berührt. Besonders die Atmosphäre kam wunderbar rüber. Zudem spielen alle Hauptdarsteller sehr gut, allen voran Keira Knightley und Sienna Miller.


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