Das Festmahl im August Italien 2008 – 75min.

Filmkritik

Der Besuch der alten Damen

Filmkritik: Eduard Ulrich

Wenn ein bald 60-jähriger Theater-Regisseur und -Schauspieler seinen ersten Film vorlegt, in dessen Zentrum einige hochbetagte, schrullige Damen stehen, erwartet man kaum ein derart verspieltes, beinah versponnenes, immer aber lockeres Werk, das unterhält, ohne sich lustig zu machen.

Die Ausgangslage ist bestens biografisch unterfüttert: Gianni di Gregorio lebte als Einzelkind Dutzende Jahre bei seiner verwittweten Mutter in Rom, die er selbst als dominant bezeichnet und die anscheinend seine eigene Familie, Frau und Töchter, in die Flucht schlug. Auch sei eines heißen Augusttages, wie am Anfang des Films, der Hausverwalter mit dem Angebot an ihn herangetreten, ihm seine Mietschulden zu erlassen, wenn er die hochbetagte Mutter des Verwalters für einige Tage zu sich nähme. Das ergibt mit der eigenen Mutter bereits zwei Damen in den Neunzigern, die sich in einer mittelgroßen Etagenwohnung vertragen müssen. Dass es nicht bei diesen zweien bleibt, kann man sich nach wenigen Minuten an den eigenen fünf Fingern abzählen.

Auch wenn das Repertoir an überraschenden Wendungen beschränkt ist, weil die Inszenierung auf jegliche Gags und unrealistische Einfälle verzichtet, so fällt den Damen noch genug ein, um den 60-jährigen Junggesellen ins Schwitzen zu bringen, obwohl der noch bestens in Schuss ist und mit seinem braunen Teint und dem vollen Haarschopf nach wie vor einen Schwiegersohn zum Anbeißen abgäbe. Allerdings verbringt er die meiste Zeit in der nahegelegenen Osteria, schwatzt mit seinen Kumpeln und lässt den lieben Gott einen guten Mann sein. Verkörpert wird er vom Regisseur und Drehbuchautor di Gregorio in Personalunion, der sympathisch und authentisch wirkt und behutsam seine fragilen Hauptdarstellerinnen in den Mittelpunkt des Geschehens rückt, die allesamt keine Schauspielerinnen sind.

So bekommt der Film einen dokumentarischen Charakter, das Geschehen entwickelt sich spontan und spielerisch, die dramaturgisch ordnende Hand hält sich zurück. Das ist eigentlich erstaunlich, denn di Gregorio hat nach seiner Ausbildung zum Theater-Regisseur und Schauspieler einige Drehbücher für andere verfasst und so auch beim vielbeachteten "Gomorra" mitgewirkt. Möglicherweise genoss er es, ein Drehbuch zu benutzen, in dem nicht viel festgelegt war - was eigentlich nur praktikabel ist, wenn ein und dieselbe Person Regie führt und das Drehbuch schreibt. Der Film erinnert in seiner unspektakulären Art mit seinen manchmal komischen manchmal skurrilen Momenten an "Il bacio di Tosca" von Daniel Schmid. Am Filmfestival von Venedig erhielt er 2008 den Preis für den besten Debütfilm und in Italien erfreut er sich regen Zuspruchs, wo er von Presse und Publikum zum Lieblingsfilm der Saison gekürt wurde.

15.02.2024

3

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Kommentare

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sandrak

vor 15 Jahren

... vom der pasta al forno bis zum vino biancho - alles ist mit drin... Übrigens eine schöne Parodie auf die Römer unter den Italienern...


pantoffelhero

vor 15 Jahren

questa é italianita!


werde

vor 15 Jahren

Dieser Film lässt einen auf seine unaufdringliche, fast unspektakuläre Weise eintauchen in einen Welt wie es sie nur in Italien gibt! So echt, so nah und lebensfroh und trotz einer gewissen Melancholie skurril und witzig. Für alle, welche die Filme der leisen Töne lieben. Ich hab jede Minute genossen!Mehr anzeigen


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