Kirschblüten - Hanami Frankreich, Deutschland 2008 – 127min.

Filmkritik

Liebe nach dem Tode

Filmkritik: Eduard Ulrich

Buddhismus und Budget-Beschränkung lassen Doris Dörrie einen emotional verkrusteten Bayern in Tokio stranden, wo er schliesslich aufblüht. Wir sehen einiges vom japanischen Leben. Inwiefern es dieser Geschichte von Verlust, vom Verpassen und von Versuchen des Wiedergutmachens dient, bleibt unklar.

Seit "Erleuchtung garantiert" weiss das breite Kinopublikum um Döris Dörries Japanfaszination. Der Einfluss der östlichen Gedankenwelt zeigt sich dabei sowohl an der Sujet-Wahl als auch an Stil und Arbeitsweise, die nicht auf ein fertiges Drehbuch und fixe Dialoge setzt, sondern auf die Gunst des Augenblicks und das Improvisationstalent und -glück der SchauspielerInnen. Ein Film wird so quasi zu einem Naturprodukt, dessen Qualitätsmerkmale nicht zu garantieren sind, dessen Resultat vielmehr auch von zufälligen Umständen abhängt.

Der Dörrie-Jahrgang 2008 ist gut, mundet aber wegen einiger Bitterstoffe nicht rund. Rudi (Elmar Wepper) ist ein oberbayerischer Kommunalbeamter, der kurz vor der Pensionierung steht und dessen Leben von der täglichen Routine bestimmt ist. Unternehmungen wie beispielsweise, die in Berlin und Japan lebenden Kinder zu besuchen, hat das Ehepaar bis zum Ruhestand aufgeschoben. Da erfährt Trudi (Hannelore Elsner), dass ihr Mann nicht mehr lang zu leben habe, dass er seine Krankheitssymptome aber noch einige Zeit nicht wahrnehmen werde. Sie sagt ihm nichts davon und möchte ihm die Gelegenheit geben, noch einiges nachzuholen.

Sie reisen also zunächst nach Berlin. Dass später mehr als die Hälfte des Films in Japan spielt, wird nach dieser länglichen Einleitung auf der Hand liegen, womit wir bei einem der Probleme sind: Genauso länglich schleppt sich der erste Teil des Films dahin. Das wär nicht weiter schlimm, wenn das so eingeführte Material zu einem fulminanten Höhepunkt verdichtet würde, aber auch im zweiten Teil mäandert der Handlungsfluss so gemächlich, dass das Risiko besteht, den Faden zu verlieren. Die Querbezüge zwischen den beiden Welten sind eher abzusehen denn überraschend. Trotz vieler beachtenswerter Details stören immer wieder plumpe Wendungen die sonst sensibel aufgebaute Atmosphäre.

Die Stärke dieser Fabel vom verpassten und nachgeholten Abschiednehmen, vom gelebten und alternativen Leben, von Schuldgefühlen und unerfüllter Sehnsucht, liegt in den Bildern und im dokumentarischen Blick auf das Leben in Tokio und unter die Röcke, auf die rasierten Geschlechtsteile japanischer Nachtclubtänzerinnen. Anders als ihre nordamerikanische Kollegin Sofia Coppola mit «Lost In Translation», nähert sich Dörrie den aus europäischer Sicht skurrilen Phänomenen Japans mit freundlicher Neugier, nie wird etwas lächerlich gemacht. Ärgerlich, dass vor allem der Schauspieler des in Tokio lebenden Sohns eine flache, undifferenzierte Leistung abliefert.

06.05.2011

3

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

Gelöschter Nutzer

vor 14 Jahren

Ein sehr emotionaler Film über die grosse Liebe und die vielen verpassten Gelegenheiten, das während der gemeinsamen Zeit auch rüberzubringen. Stellenweise kann man schon zum Taschentuch greifen, was wir vor allem Elmar Wepper zu verdanken haben, den wir hier wohl in seiner besten Rolle erleben. Aber die Tränendrüsen stellen ihre Funktion sofort ein, wenn seine Kinder ins Bild kommen. Ihr Verhalten gegenüber dem Vater - der bestimmt kein Bilderbuch-Pappi war - ist treffsicher beobachtet und trifft mehr als man denkt den Nagel genau da, wo’s weh tut. „Ich kenn’ ihn nicht“, sagt er über seinen Sohn „und er kennt mich auch nicht. “ Die Funkstille zwischen den Generationen ist ohrenbetäubend. Hilflosigkeit und auch Wehmut machen sich breit. Und es wird spürbar, dass eigentlich alle Beteiligten darunter leiden. Da scheint die Flucht in eine metaphysische Transzendenz vielleicht eine Lösungsmöglichkeit für den Trauernden zu sein.Mehr anzeigen


butterbluemchn

vor 15 Jahren

War am Anfang sehr skeptisch was den Film betraf. Am Schluss war ich überwältig... die Bilder, die Aussage des Filmes --> einfach wunderbar! Einer der schönsten Filme, den ich je gesehen habe!


sternennacht

vor 15 Jahren

Ich war vom ersten Teil etwas enttäuscht, aber nach der Hälfte des Films wurde ich fasziniert und begeistert!


Mehr Filmkritiken

Challengers - Rivalen

Kung Fu Panda 4

Civil War

Back to Black