Zurück im Sommer USA 2008

Filmkritik

Wer schreibt, der bleibt...

Kyra Scheurer
Filmkritik: Kyra Scheurer

Was macht ein A-Star wie Julia Roberts in einer Independentproduktion und warum sieht sie zwanzig Jahre älter aus, lässt sich auf dem Beifahrersitz von Willem Dafoe runtermachen und stirbt nach zwölf Minuten? Das erzählerische Ausloten der Untiefen familiärer Konflikte ist ein Klassiker amerikanischer Indie-Filme und mal mehr, mal weniger berührend, authentisch oder unterhaltsam anzusehen: In «Zurück im Sommer» ist es vor allem verwirrend.

Denn die «großen Namen» im Cast brechen nicht nur mit den Sehgewohnheiten des Independent-Films, dieses «auf Nummer Sicher gehen» zieht sich durch den ganzen Film und geht letztlich auf Kosten eben jener Glaubwürdigkeit, die vergleichbare Genrebeiträge wie etwa «Gardenstate» so sehenswert gemacht haben.

Neben den üblichen Familienwirren und dem klassischen Vater-Sohn-Konflikt bedient die erste US-Produktion der deutschen Senator Entertainment noch einen weiteren thematischen Dauerbrenner des amerikanischen Kinos: der nach langer Zeit heimkehrende Schriftsteller, der - konfrontiert mit seiner Vergangenheit - gezwungen wird, Konfliktlösung und Trauerarbeit in Angriff zu nehmen.

Denn auch der Regiedebütant Dennis Lee war bislang Autor und diese Geschichte eines Schriftstellers, dessen tyrannischer Vater ebenfalls schreibt, ist der Legende nach zumindest semi-autobiographisch: Jahrzehnte nach der unglücklichen Kindheit wechselt der erwachsene Sohn nach dem Tod der Mutter vom Verfassen rosaroter Bestsellerchen zur knallharten Familienenthüllungsstory - und hat immer noch nicht die Courage, seinem Vater diesen Umstand mitzuteilen. Einem Vater, dessen unberechenbare Launen und omnipräsenten Ansprüche die häusliche Temperatur binnen Sekunden auf den Nullpunkt senken können und der eine unterschwellige Atmosphäre der Angst kreiert.

Willem Dafoes unangestrengte Darstellung dieses anstrengenden Despoten gehört zu den wenigen herausragenden Elementen des Films, der insgesamt jedoch eine echte Nähe zu seinen Figuren vermissen lässt und immer wieder an entscheidenden Punkten zu konventionell wird. Die angedeutete Inzestgeschichte zwischen Protagonist Michael und seiner Tante wirkt in ihrer Dezenz wie im Schnitt zensiert und irgendwie scheint die gesamte Familie in einer Zeitschleife fernab gesellschaftpolitischer Tagesaktualität zu leben.

Passend zu dieser Realitätsferne besteht das visuelle Konzept einer an sich interessanten Geschichte um familiäre Gewalt, Ehebruch und Inzest dann auch in lindgrün und sepiabraun getönten Bildern von Kameramann und Roberts-Ehemann Daniel Moder und einem zur leeren visuellen Metapher erstarrten ständigen Regen. Und doch - wer sich für das Genre Familiendrama interessiert, findet unter der Mainstream-Oberfläche einige sehenswerte Untiefen.

21.07.2008

2

Dein Film-Rating

Kommentare

Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.

Login & Registrierung

Mehr Filmkritiken

The Fall Guy

Back to Black

Kung Fu Panda 4

Challengers - Rivalen