Berlin am Meer Deutschland 2008 – 93min.

Filmkritik

... und im Hintergrund funkelt der Fernsehturm

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Junge attraktive Menschen in den kinotauglichen Kulissen der deutschen Hauptstadt, darum geht es in Wolfgang Eißlers Spielfilmdebüt "Berlin am Meer".

Statt zu studieren lassen sich Tom (Robert Stadlober) und sein Mitbewohner Mitsch (Claudius Franz) durch die sommerliche Metropole treiben, hängen mit Malte (Axel Schreiber) und Margarete (Jana Pallaske) in riesigen WG-Küchen, an der Spree oder in halblegalen Clubs ab und sehen allzeit blendend aus. Die Altbauwohnungen sind unsaniert, riesig und auch mit einem Aushilfsjob beim Partyservice zu bezahlen, die Sonne scheint und eigentlich sollten Sorgen ein Fremdwort sein.

Nur Tom hat so seine Schwierigkeiten mit der nonchalanten Ziellosigkeit und hätte nichts dagegen, den Platz am DJ-Pult der Untergrund-Disko gegen ein Studium an der Musikhochschule irgendwo in der Provinz einzutauschen. Dass dann auch noch Mitsch' vermeintlich spießige Schwester Mavie (Anna Brüggemann) vor der Tür steht, um während eines Praktikums bei ihnen zu wohnen und Tom gehörig den Kopf zu verdrehen, sorgt für zusätzliche Verwirrung - und stürzt die zwanglose Clique in manche Turbulenz. Es dauert nicht lange, bis die Falschen miteinander im Bett landen und die Unbeschwertheit des Sommers allmählich dahin ist.

Für die tatsächliche Realität der Hauptstadt interessiert sich Eißler nicht, denn sein Berlin muss in erster Linie sexy und hip sein. Also zeigt er Tom und Co. wie sie idyllisch in Liegenstühlen im Freiluftkino sitzen, knapp bekleidet am angesagten Badeschiff auf der Spree herumlungern oder in der Dämmerung über die Dächer der Stadt hüpfen, während im Hintergrund der Fernsehturm funkelt. Das sind hübsche Bilder, die nicht zuletzt deswegen erfreulich sind, weil sie von Kameramann Florian Schilling mit viel Gespür für die große Leinwand und ohne nervig-grobkörnige Wackelkamera eingefangen wurden, was bei deutschen Debütfilmen derzeit eine Seltenheit ist. Allerdings hat man diese Berlinästhetik mitsamt ihren einzelnen Motiven in den letzten Jahren derart häufig in Filmen, TV-Produktionen und Werbespots gesehen, dass einem "Berlin am Meer" merkwürdig gestrig vorkommt. Dazu trägt auch die Musikauswahl bei, denn die meisten Songs von 2raumwohnung, Wir sind Helden oder Mia. sind zwar durchaus Berlin-typisch, aber eben auch schon ein paar Jahre alt.

Das Ensemble rund um den subtilen Robert Stadlober, in dessen Händen die kleinen Alltagssorgen junger Männer immer eine besonders melancholische Tragik entwickeln, überzeugt auf ganzer Linie, und Eißlers Drehbuch birgt, wenn schon keine aufregende oder dramaturgisch zwingend erzählte Geschichte, dann doch manch charmanten Moment. Aber mit der von ihm intendierten Coolness nicht mit lässiger Selbstverständlichkeit daherkommt, sondern lautstark behauptet werden muss, ist einfach etwas ermüdend.

17.02.2024

3

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