Václav Tschechische Republik 2007 – 100min.

Filmkritik

Der Mann im Kinde

Filmkritik: Eduard Ulrich

Auch wenn am Anfang scharf geschossen wird und der Film in Tschechien den letzten James Bond überholt hat: Der Schütze ist kein Agent, sondern ein in der Entwicklung ein wenig zurückgebliebener 40-Jähriger, der nicht nur seiner Mutter gehörig auf die Nerven geht. Als noch eine schöne Frau zum Zankapfel wird, droht diese Familien- und Dorfgeschichte aus dem Ruder zu laufen.

Sympathisch ist dieser Václav (Ivan Trojan) wirklich nicht, wie er mit dem Gewehr seines Vaters aus sicherer Distanz auf Fahrzeuge schießt. Er wohnt auf dem heruntergekommenen Bauernhof seiner Mutter, arbeitet manchmal im Gemeinschaftsbetrieb des nahen Dorfes und vergnügt sich in seiner reichlichen Freizeit mit Streichen und Besäufnissen. Er ist offenbar trotz seiner ca. 40 Jahre ein Lausbub.

Seine Mutter versucht ihn zwar mit ihrer Engelsgeduld immer noch zu erziehen, aber der jüngere Bruder drängt seit langem auf eine Heimplatzierung. Auch im Betrieb und im Dorf hat man so ziemlich die Nase voll. Kommt dazu, dass Václavs Vater zu kommunistischer Zeit unter ungeklärten Umständen verschwand, woran aber offenbar einige Dorfbewohner eine Mitschuld tragen, an die sie von Václav bei seiner insistierenden Fragerei immer wieder erinnert werden. Schließlich kulminiert ein Konflikt um eine schöne Zugezogene, die so unfreiwillig zum Katastrofen- und Katharsiskatalysator avanciert, zur Krise.

Die Geschichte ist vom Schicksal eines "staatspräsidental" Begnadigten inspiriert, benutzt aber nur wenige Fakten des realen Falls. Regisseur und Drehbuchautor erfüllten sie fabulierlustig mit Leben und erlauben sich so manchen Schabernack, der mit dem Fortgang der Geschichte wenig zu tun hat, aber die Persönlichkeit der Hauptfigur beleuchtet. Damit wird sowohl die psychologische Begründung geliefert, warum einer partout nicht erwachsen werden will, als auch die emotionale Basis geschaffen, um das Publikum auf einen weiten Weg vom Kennenlernen über die Aversion bis zum Verständnis und Mitleid zu führen.

Das gelingt Jirí Vejdelek zweifellos, wofür sein Hauptdarsteller und der Darsteller des jüngeren Bruders mit je einem tschechischen Löwen ausgezeichnet wurden. Die filmischen Mittel sind sparsam, aber geschickt und logisch genutzt - beispielsweise, wenn Václav mit seinem Vater Zwiesprache hält und seine Vorstellung auf seine Umwelt projiziert. Das Personal ist lebensecht, und die Momente fürs Herz sind mit sicherer Distanz zum Kitsch inszeniert, womit sie gut zum sonst rustikalen Humor passen. Sicher kein Film für die Masse, aber einer, der seinem Thema gerecht wird.

12.08.2009

4

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