Selon Charlie Frankreich 2006 – 116min.

Filmkritik

Wie ein unberechenbarer Bumerang

Filmkritik: Stephan Sigg

Dass es manchmal nur wenig braucht, um das Leben in ganz andere Bahnen zu lenken, hat schon Woody Allens "Match Point" gezeigt. Auch in Nicole Garcias neuem Film spielt das Schicksal eine zentrale Rolle. Die acht Männer, deren Leben der Film während drei Tagen begleitet, sind am Ende des Films nicht mehr die, die sie am Anfang waren.

"Selon Charlie" widmet sich dem Leben von Männern, die trotz eines Aufenthalts in der gleichen Stadt unterschiedlicher nicht sein könnten: Da ist ein Bürgermeister, der seine Frau betrügt, ein Gymnasiallehrer, der im Alltagstrott gefangen ist, und ein berühmter Archäologe, der in die Stadt am Atlantik gekommen ist, um dort an einem Kongress seine Forschungsergebnisse zu präsentieren. So verschieden die Männer sind, laufen sie sich doch über den Weg und prallen manchmal - im wahrsten Sinne des Wortes - aufeinander. Alle haben Träume, Sehnsüchte und Enttäuschungen in sich, die sie nicht einmal dem besten Freund und schon gar nicht der eigenen Frau erzählen würden.

Stiller Beobachter des Geschehens ist der 11-jährige Charlie (Ferdinand Martin). Er sieht, wie sich die Erwachsenen belügen und betrügen und dabei alles andere als glücklich werden. Und er merkt auch, wie sehr das Leben oft vom Unerwarteten beeinflusst wird. Trotz allen eigenen Berechnungen und Vorkehrungen gibt es eine unbekannte Variable, etwas, das einem einen Strich durch die Rechnung macht. Genauso wie die Bumerangs, Charlies Lieblingsspielzeug, bei denen man nicht weiss, wann und wo genau sie zurückfliegen.

Nicht nur Bumerangs sind unberechenbar, auch in "Selon Charlie" erkennt man erst mit der Zeit, wo sich die komplexe Handlung hinbewegt. Regisseur Nicole Garcia hat sich die anspruchsvolle Aufgabe gestellt, acht Geschichten in einer zu erzählen. Und dabei scheint ihr das Schicksal positiv gesinnt gewesen zu sein. Die überragende Leistungen der Darsteller (u.a. Jean-Pierre Bacri, Vincent Lindon) sorgen dafür, dass die zusammengewürfelte Geschichte über Mut, Aufrichtigkeit, Betrug und die Suche nach Respekt von Beginn bis zum Schluss in den Bann zieht.

Anfangs noch etwas verwirrt, taucht man immer tiefer ein in die verschiedenen Lebenswelten, bei denen man zu Beginn nicht erahnen würden, in welchem Zusammenhang sie zueinander stehen. Doch langsam und mit viel Gespür für die Gefühle der Protagonisten reiht sich der Film wie ein Puzzle Stück für Stück aneinander, um am Schluss doch Raum für die eigene Phantasie zu lassen.

18.05.2021

4

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