CH.FILM

La Traductrice Russische Föderation, Schweiz 2006 – 95min.

Filmkritik

Go East

Filmkritik: Cindy Hertach

Die Genfer Regisseurin Elena Hazanov verarbeitet in ihrem zweiten Langspielfilm eine persönliche Begegnung mit dem berüchtigten russischen Mafiaboss Serguei Mikhailov sowie die schwierige Suche nach ihren eigenen kulturellen Wurzeln.

Den Stoff für ihren zweiten Langspielfilm fand die russischstämmige und in Genf lebende Regisseurin Elena Hazanov in ihrer eigenen Biographie. Ebenso wie Hazanov selbst, ist auch Ira (Julia Batinova), die dreiundzwanzigjährige Hauptfigur, in den verwirrenden Graben zwischen zwei Kulturen gefallen.

In Moskau geboren und als kleines Mädchen mit ihrer Mutter in die Schweiz ausgewandert, erscheint ihr ihre ursprüngliche Heimat Russland fremd und fern. Und gleichzeitig verspürt Ira zunehmend das Bedürfnis, etwas über ihre familiären und kulturellen Wurzeln zu erfahren. Nachdem ihr eines Tages Oleg (Sergei Garmash), ein alter Freund ihrer Mutter einen Übersetzungsjob bei einem Anwalt (Bruno Todeschini) zuschanzt, gerät sie in Kontakt mit dessen Klienten Ivan Tashkov (Alexander Baluev), einem mutmasslichen Paten der russischen Mafia. Charismatisch und kultiviert, scheint Tashkov die Gedanken der jungen Dolmetscherin lesen zu können und ruft eine immer drängendere Sehnsucht nach Russland in ihr wach, die er skrupellos für seine Zwecke ausnutzt. Schliesslich fliegt sie für Beweismaterial, das Tashkov entlasten soll, nach Moskau - das erste Mal seit vielen Jahren.

Das adoleszente Suchen und Finden der eigenen Identität ist das zentrale Motiv in Hazanov's zweitem Werk, einer schweizerisch-russischen Produktion, die bereits 2006 am Locarno Filmfestival in der Sektion "CineastInnen der Gegenwart" aufgeführt wurde. Eingebettet in einen subtilen Thriller, der leider nicht ganz auf die stereotypen Darstellung der russischen Unterwelt verzichtet, erzählt "La traductrice" primär die Coming-of-Age-Geschichte einer jungen Frau, die sich auf schmerzvolle Weise mit der Zerrissenheit ihrer, wie die Filmemacherin es nennt, "fragmentierten Identität" auseinandersetzen muss.

Trotz einiger Schwachstellen - beispielsweise die eher unmotivierte Affäre zwischen Ira und einer Nebenfigur oder der etwas antiquierte MacGuffin, für den sie nach Moskau reist - ist es Hazanov gelungen, die Selbstfindung ihres filmischen Alter Egos in einem gekonnten, dramaturgischen Spagat sensibel und spannungsvoll zu inszenieren.

17.02.2024

3

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Kommentare

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jugulator

vor 16 Jahren

Nach "1 Journée" schon wieder ein Film der in Genf gedreht wurde. Als Stadtbewohner freut mich das natürlich. Für Russland Fans ist der Film ein Muss. Eine tolle Story und überzeugende Darsteller. Darf man schon sehen gehen, wenn man das etwas feinfühligere Autorenkino nicht verabscheut.


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