Water Kanada, Indien 2005 – 117min.

Filmkritik

Im Aschram

Filmkritik: Eduard Ulrich

Ähnlich wie bei "The Magdalane Sisters" von Peter Mullan greift Deepa Mehta ein düsteres Kapitel gesellschaftlichen Frauenunterdrückens auf, das leider nichts an Aktualität eingebüsst hat, obwohl die Geschichte um einen Witwenaschram im Indien des Jahrs 1938 spielt.

"Fire", "Earth" und "Water" sind die eher willkürlichen Titel von Deepa Mehtas Trilogie über zentrale Tabus der indischen Gesellschaft. Wie bei den Vorgängern werden auch diesmal gleich mehrere Probleme aufgegriffen: Leben als Witwe, Verheiraten von Kindern, Bildungsmangel und eine an Dummheit grenzende religiöse Ergebenheit.

Ebenfalls wie bei den Vorgängern werden die Probleme am Beispiel Einzelner demonstriert. So beginnt der Film geschickt: Ein todkranker, alter Mann wird dutzende Kilometer weit transportiert, und ein fröhliches, etwa achtjähriges Mädchen begleitet als einziges Kind diese beinah makabre Fahrt zum Kremierungsort. Geduldig lässt es die rituellen Handlungen wie das Kahlrasieren über sich ergehen und wartet nur darauf, wieder zu seiner Mutter zurückgebracht zu werden. Doch daraus wird nichts: Dieses aufgeweckte, schlagfertige Mädchen wird von seinem eigenen Vater im Witwenhaus abgeliefert, denn der nun Verstorbene war ihr Ehemann. Damit sind in dieser Kindwitwe bereits zwei der oben genannten Anachronismen vereint. Ähnlich ökonomisch werden verschiedene Stadien und Anpassungsformen durch eine sozial und altersmässig bunt gemischte Schar an Witwen abgehandelt, die ihr Leben im Witwenhaus fristen müssen, denn dieses harte Los trifft auch Brahmaninnen.

Die in Kanada lebende indische Regisseuse Metha zeigt aber nun kein dröges Leben hinter den Mauern des Witwenaschrams. Natürlich spielt das "Lagerleben" eine wichtige Rolle, aber diese Witwen sind nicht so sehr durch Mauern gefangen als vielmehr durch gesellschaftliche Konventionen. Sie können sich in der Stadt scheinbar frei bewegen, werden aber auf Schritt und Tritt daran erinnert, wohin sie gehören. Die Handlung ist im Jahr 1938 angesiedelt, was die Gelegenheit bietet, auch noch den Befreiungskampf Gandhis zu streifen und die Analogie seines Wirkens gegen Unterdrückung von Aussen und im Inneren, also gegen die militärische (England) und die intellektuelle (Religion) Kolonialmacht, zu zeigen. Dass sich seither an vielen Orten wenig geändert hat, böte immerhin den Vorteil des preisgünstigen Drehens. Die zur Zeit 34 Millionen Witwen tröstet das wahrscheinlich wenig, denn auch für sie hat sich leider wenig geändert, weil die modernen Gesetze gegen die alten Sitten nichts ausrichten.

01.06.2021

3.5

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Kommentare

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reolus

vor 17 Jahren

Sehr gut gespielt und deshalb überaus authentisch wirkend hat mich der Film vom Anfang bis zum Schluss in den Bann gezogen. Viel zu lernen und verstehen. Absolut empfehlenswert.


cineast2001

vor 17 Jahren

Wer vernab der zuckersüßen "Bollywoodfilme" großes "indisches" Kino erleben will und von dem debilen Hollywood-Einerlei die Nase voll und noch Zeit für wahre geschichten hat ist bei "Water" von Deepa Mehta richtig.

Der Film handelt von dem Schicksal der Witwen in Indien der 30er Jahre des letzten Jahrhunderts im Hintergrund der aufkeimenden Unabhängigkeitsbewegung. Gefangen in der hindusistischen Vorstellung, das Witwen nur drei Möglichkeiten haben(Verbrennung mit dem Gemahl, Ein Leben als sog. "Unberührbare" oder eine eventuelle Vermählung mit dem jüngeren Bruder des Toten) erzählt dieser Film das Schicksal einer "Kinds- Witwe" von 7 Jahren, einer 20 jährigen und einer 40ig jährigen Witwe. Mit herzzerreisenden und beeindruckenden Bildern wird das unverschuldete Elend dieser Frauen vor dem Hintergrund einer aufkeimenden Liberalisierung und Unabhängigkeit Indiens gezeigt.
Ein Muß für jeden der großes Gefühlskino liebt!
Traurig aber doch schön!! MEISTERKLASE!Mehr anzeigen


irenekarin

vor 17 Jahren

WUNDERSCHöN!!! Unbedingt ansehen!


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