Mistress of Spices Grossbritannien, USA 2005 – 96min.

Filmkritik

Gewürz-Hokuspokus

Filmkritik: Eduard Ulrich

Geruch und Geschmack im Zentrum eines Films - funktioniert das? Ein Märchen in Bollywood-Art um eine indische Gewürzmischerin, die sich einen Ami angelt und ihr Keuschheitsgelübde bricht, wird nach Hollywood-Art bebildert: statt Synergie leider Lethargie, statt inspirierender Ideen peinliche plagiatorische Einfalt - kaum zu geniessen.

Schon als Kind entdeckt die in einem indischen Dorf aufwachsende Tilo ihre hellseherischen Fähigkeiten und kann so einiges Unheil verhindern. Typischerweise sieht sie aber nicht vorher, dass ihr Dorf von Räubern überfallen wird, die es gerade auf sie selbst abgesehen haben. Tilo kann entkommen und landet auf wundersame Weise bei einer Schar junger Mädchen, die von der üblichen alten Weisen in die Geheimnisse der Gewürzwirkungen eingeführten werden. Am Ende der Ausbildung werden die inzwischen gereiften, aber immer noch jungen und bildhübschen Hexen dann in die Grossstädte aller Länder mit einem Zauberspruch verschickt - Technik ist überflüssig, Science Fiction-Fans können da nur neidisch zugucken.

Für Tilo (Aishwarya Rai) steht in San Franzisko bereits ein perfekt eingerichteter Gewürzladen bereit, der für die multiethnische Kundschaft als Apotheke, Psychoanalyse-Couch, Ambulatorium und Kapelle fungiert. Weisse meiden zwar ihren Laden, der aber hat Fenster, und bald schlägt Tilos Herz nicht mehr für die Sache, dem Dienst am Mitmenschen, wie von ihrer Ausbildung vorgeschrieben, sondern für einen muskulösen Motorradfahrer namens Doug (Dylan McDermott) aus der US-amerikanischen Mittelschicht. Der hat dummerweise noch eine Freundin, doch die richtige Gewürz- respektive Giftmischung hilft auch in diesem Fall rasch.

Dass der Sündenfall unserer Gewürzhexe die Wirkung ihrer Mittel gehörig aus dem Ruder laufen lässt, bietet ein bisschen Abwechslung in der jederzeit überraschungs- und spannungslosen Geschichte, die vor allem durch die Frage fesselt, ob auch wirklich kein Cliché ausgelassen wurde. Leider nein: Der Testosteroni Doug entpuppt sich als Architekt mit indianischem Urgrossvater, dessen Mutter mit ihren blonden Haaren und markant europäischen Gesichtszügen so indianisch aussieht wie ein Japaner schwedisch. Der bei einer Rückblende auf die Todesszene des Urgrossvaters wegfliegende Rabe passt optimal ins plagiatorische Bild dieses Films, der sich gedanken- und skrupellos bei Hitchcock und anderen bedient, was nicht einmal so schlimm wäre, wenn es einem guten Zweck diente: Hier ist leider das Gegenteil der Fall.

Der Platz reicht hier leider nicht, um alle kritikwürdigen Aspekte dieses puren Ethnokitsch-Machwerks aufzuführen, welches in seltener Klasse alle Nachteile des bolly- und hollywoodschen Einheitsbreis zu einer ungeniessbaren Melange verrührt. Man bedauert sehr, dass man sich nicht in dem langfädig vorgeführten Gewürzladen auf der Leinwand bedienen kann, um ein Mittel gegen den zunehmenden Brechreiz einnehmen zu können. Dagegen hilft auch nicht, dass die Hauptdarstellerin einmal Miss World war, denn wir bekommen nicht einmal eine leidenschaftliche Liebesgeschichte zu sehen, die sie mit ihren zweifellos üppigen körperlichen Vorzügen brillieren liesse, um das fehlende darstellerische Talent auszubügeln. So wurde das letzte Quentchen Kapital verspielt, das ins Kino locken könnte.

10.11.2020

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 13 Jahren

Alles ist an diesem Märchenfilm schön: die Aufnahmen in herrlichen Farben, die Love Story mit brennendem Happy End und natürlich die wunderschöne Hauptdarstellerin Aischwarya Rai. Sie ist permanent im Bild und beeindruckt, wenn sie mit ihren großen, dunklen Kulleraugen den edlen Biker (Dylan McDermott) anschmachtet. Mit der Zeit hat man sich an die Schöne aber so sehr gewöhnt - und ihr schauspielerisches Talent ist ziemlich eindimensional - dass sich Langeweile breit macht. Auch die krampfhaft eingeschobenen zusätzlichen Personen sind keine echte Bereicherung. Da wäre mehr drin gewesen, vor allem wenn man den Anfang bedenkt oder die nette Idee der Dialoge der Schönen mit den Gewürzen. Wer also seine Augen weiden lassen will, kommt voll auf seine Kosten. Nicht vergessen vorher das Hirn auszuschalten.Mehr anzeigen


Gelöschter Nutzer

vor 17 Jahren

Eine Fabel für kindgebliebene Erwachsene, manchmalfast ein wenig kitschig, aberdoch mit einem wundervollen Happyend. Ein Balsam in dieser düsteren Welt.


phildocbern

vor 17 Jahren

Trotz dem totalen Veriss der Filmkritik auf dieser site, habe ich den Film gesehen und bin total begeistert.
Romantik, Atmosphäre, Sinnlichkeit-alles da. Und mehr noch: auf einer anderen Ebene eine wunderbare Parabel, wieviel der Traditionen man als Immigrant bewahren soll und wieviel nicht ohne sich selber zu verraten.
Im Film dargestellt durch die Traditionen der Gewürz-Meisterinnen und ihrem rigiden Sittenkodex einerseits und den eigenen Emotionen, dem Verliebtsein andererseits, welche eben starre Strukturen aufbrechen und neue, altes und neues integrierende Wege, beschreiten lassen-nicht ohne die Beteiligten gehörig durchzuschütteln. Wie dieses Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne, West und Ost die heutige Zeit durchrüttelt, sehen wir ja jeden Tag in der Tagesschau...
Hier wird das Thema als modernes Märchen äusserst charmant dargestellt.

Wie die Verfasser der Filmkritik dies nicht sehen konnten, ist erschreckend und spricht ein wahres Armutszeugnis über sie selber aus. Wer so engstirnig interkulturelle Filme nach rigiden westlichen Masstäben beurteilt, hat wirklich nichts begriffen und natürlich gerade die Botschaft dieses Filmes nicht. Sie sollten sich schämen!Mehr anzeigen


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