Le promeneur du Champ de Mars Frankreich 2004 – 116min.

Filmkritik

François der Grosse

Severin Müri
Filmkritik: Severin Müri

François Mitterand war der letzte grosse Staatsführer der «Grande Nation». Dies sagt nicht irgendwer, sondern der ehemalige Präsident unseres Nachbarlandes gleich selber. Und er redet viel in diesem Film über seine letzten Tage und seinen Kampf gegen den Tod. Doch man ist froh um alle Dialoge, erlauben sie einem doch Zeuge zu werden von der grossartigen Schauspielkunst eines sensationellen Michel Bouquet.

Am Ende seines Lebens beauftragt François Mitterand (Michel Bouquet) den jungen, ehrgeizigen Journalisten Antoine (Jalil Lespert), eine Biografie über ihn zu verfassen. Denn Mitterand weiss, dass er den Kampf gegen den Krebs bald verlieren wird. So soll zumindest eine Biografie über ihn die Zeit überdauern. In der Folge wird der (fiktive) Journalist Antoine zum Dauergast im Elysée-Palast. Antoine begleitet Mitterand auf Spaziergängen, geht mit ihm an Reden und besucht die Gräber der alten Könige. Mitterand, der sich als würdiger Nachfolger der Monarchie betrachtet, verweist nicht ohne Stolz darauf, dass seit Napoleon III. niemand mehr so lange regiert hatte wie er.

Ziemlich überheblich und narzisstisch muss dieser Mann gewesen sein. Doch dann, wenn er über die Frauen des Nordens und über das Grau der Provence redet, erliegen wir seinem Charme und seiner Verschmitztheit. Über alles redet François Mitterand gerne in diesem Film, der als Dialogfilm inszeniert ist, nur über seine Rolle während dem Zweiten Weltkrieg in Vichy-Frankreich und seine Freundschaft zu dessen pro-deutscher Führung schweigt er sich aus. Er blockt jede Frage Antoines genervt ab und verweist auf seine Rolle als Befreier an der Seite von Charles de Gaulle. Wir wissen allerdings, dass der junge Mitterand erst spät zur Résistance wechselte und noch später Sozialist wurde. Die Vorwürfe, er sei Antisemit, hafteten ein Leben lang an ihm und dass sie ihn verletzten und erschütterten, will man diesem alten, gebrechlichen Mann gerne glauben. Allerdings bleiben sein Leben und seine Biographie da und dort schleierhaft.

«Le Promeneur du Champ de Mars» ist vor allem das grossartige Schauspiel von Michel Bouquet. Seit fast sechzig Jahren ist er im französischen Film zu sehen und blieb daneben stets dem Theater treu. Welch unglaubliche Präsenz er in diesem Film von Robert Guédiguian auf die Leinwand bringt, ist schlicht atemberaubend. Jede Szene lebt von ihm, der den sterbenden Mitterand derart überzeugend darstellt, dass man innert Kürze das in der Erinnerung gespeicherte Gesicht Mitterands unweigerlich durch jenes von Bouquet ersetzt. Daneben verblasst Jalil Lespert als sein Gegenüber derart, dass er einem wahrlich leid tut. Allerdings ist seine Rolle nicht gerade spannend angelegt und reichlich durch Klischees definiert. So wird der Film schliesslich eine One Man-Show des grandiosen Michel Bouquets. Alles andere verkommt zur störenden Nebensächlichkeit.

31.05.2021

3

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