CH.FILM

Krokus - As Long As We Live Schweiz 2004 – 80min.

Filmkritik

Metal Rendez-Vous

Filmkritik: Jürg Tschirren

Sie sind die erfolgreichste Schweizer Rockband aller Zeiten und der Traum von Sex, Drugs und Rock'n'Roll führte sie von Solothurn bis nach Kalifornien. Reto Caduff verfilmte die Geschichte von Krokus zu einer spannenden Dokumentation über das Ausbrechen aus der Enge und die Fallstricke des Erfolges.

Es war grosses Drama: Freundschaft, Verrat, Krankheit, Tod - Krokus haben auf dem Weg nach oben und wieder zurück alles erlebt. Sex, Drugs und Rock'n'Roll natürlich auch. Kein Wunder, dass Regisseur Reto Caduff darin fast ein griechisches Epos zu erkennen glaubt. Und er verfilmt die Geschichte der erfolgreichsten Schweizer Rockband aller Zeiten konsequent nach dieser Vorgabe, was dem Film zum Guten gereicht.

Begonnen hat es im Solothurn der frühen Siebzigerjahre, unter einer dicken Nebeldecke und in engen Gassen. Von einer Stimmung wie eine "permanente Beerdigung" spricht der notorisch Schlagworte spuckende Chris von Rohr und vom "Jurasüdfuss-Frust", dem man entfliehen wollte. Das taten Krokus erst einmal mit hippieesker Psychedelia und von Rohr am Gesang.

Später stiess die maltesische "Power-Röhre" Marc Storrace zur Band, und die Musik wurde AC/DC-inspirierter Schweinerock. Mit dem Album "Metal Rendez-Vous" (1980) kam der internationale Durchbruch, eine erste Tournee durch die Vereinigten Staaten, ein schmieriger US-Manager und die obligaten Groupies im Dutzendpack. Aber der Erfolg brachte auch Probleme: Der Mann am Mischpult, Jürg Nägeli, mochte nicht mehr und ging. Der Gitarrist Tommy Kiefer verlor die Kontrolle über seinen Heroin-Konsum und musste gehen. Drummer Freddy Steady konnte entgegen seinem Namen den Takt nicht halten und wurde rausgeschmissen - eigentlich heisst er ja Freddy Frutig. Bassist Chris von Rohr plauderte im "Blick" zu viele Band-Intima aus und wurde ebenfalls vor die Tür gestellt. Am Schluss blieb von der Originalbesetzung nur noch Fernando von Arb, und der spielte mit Krokus nun lächerlichen Hair-Metal und nahm zu viele Drogen - respektive "Drögs", um es wie von Arb zu sagen.

Solche Schicksale mögen zum festen Fundus der Rock'n'Roll Geschichte gehören, für eine Schweizer Band sind sie einmalig. Caduff und sein Co-Drehbuchautor Hannes Hug erkannten das Potential dieser Geschichte und montierten Archivmaterialien, Originalaufnahmen und die Erinnerungen der Beteiligten mit der nötigen Ironie und einem feinen Gespür für rührende Momente zur bebilderten Oral-History.

Wenn "Krokus - As Long as We Live" nun in die Kinos kommt, könnte der Zeitpunkt nicht passender sein. Chris von Rohr und seine Rede von "Meh Dräck" sind in aller Munde und auch weil der liebe Onkel Helias Fröhlich einen kurzen Gastauftritt als Musikexperte hat, fällt es schwer, den Aufstieg und Fall des Hauses Krokus nicht mit einem Seitenblick auf "MusicStar" zu betrachten. Parallelen gibt es genug, denn die Hardrocker wollten und die Casting-Show Teilnehmer wollen gleichermassen ausbrechen, glamourös leben und nicht die Rolle spielen, die ihnen von der Gesellschaft zugedacht wurde. Will heissen: Nicht als Primarlehrer in Solothurn zu enden oder als Coiffeur in Laufen. Ob der Weg zum Ruhm stromlinienförmig unter dem Patronat der Musikindustrie beschritten wird oder mit den letztlich leeren Gesten der Rebellion geschmückt ist, dem Warencharakter der Musik ist das egal. Gegen Ende seiner Karriere wurden Fernando von Arbs Haare - aus marketingtechnischen Überlegungen, versteht sich - immer blonder, bis er schliesslich aussah wie ein beliebiger L.A.-Spandex-Clown. So süss wie Baschi war er aber nie.

16.02.2024

4.5

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Kommentare

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welschen

vor 20 Jahren

super Band, super film


welschen

vor 20 Jahren

super Band, super film


carmen13

vor 20 Jahren

Ich finde den Film sehr spannend


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