El abrazo partido Argentinien, Frankreich, Italien, Spanien 2004 – 100min.

Filmkritik

Warum sich das Warten auf eine Umarmung lohnt

Priska Amstutz
Filmkritik: Priska Amstutz

Zwischen den Geschäften und Ladeninhabern einer etwas heruntergekommenen Ladenpassage im jüdischen Viertel von Buenos Aires sucht Ariel nach seinen Wurzeln und seinem vor Jahrzehnten verschwundenen Vater. Der geglückte Porträtversuch einer verunsicherten Generation im Argentinien zwischen Gestern und Morgen stieg verdientermassen ins Oscar-Rennen um den besten ausländischen Film ein.

"La Galeria" wird die Ladenpassage genannt, in der sich Ariels (Daniel Hendler) Leben abspielt. Seiner Mutter gehört das Dessous-Geschäft, das noch immer den Namen von Elias trägt, dem Vater, der kurz nach Ariels Geburt nach Israel reiste und nie zurückkehrte.

In den Geschäften rundherum findet Alltagspoesie statt: der Schreibwarenhändler Osvaldo sitzt auf seinen Waren fest, die italienische Familie kommuniziert lautstark, scheue Koreaner verkaufen Feng Shui-Artikel, zwei kauzige jüdische Brüder handeln mit Stoffen, während Ariels Freund Mitelman dubiosen Finanzgeschäften und den Frauen nachgeht, der Bruder Joseph im ersten Stock verzweifelt lächerliche Import-Export-Produkte loswerden möchte und die nicht mehr ganz junge Rita nicht nur ein Internetcafé betreibt, sondern auch ab und an mit Ariel in eine Umkleidekabine steigt.

In dieser kleinen, gemütlichen Welt, der keine grosse Zukunft bevorsteht, ist Ariel unruhig, permanent am gehen und rennen, denn er sucht ein anderes Leben. Er möchte einen polnischen Pass, den er beantragen kann, weil seine Grosseltern einst aus Polen nach Argentinien flüchten mussten, und träumt wie viele Argentinier seiner Generation davon, seinen Wurzeln im gelobten Europa nachzugehen.

Hauptsächlich aber beschäftigt Ariel die Frage, warum sein Vater damals nicht bei ihm blieb, welche Kraft in Israel stärker war als die Liebe zur Familie. Als dieser dann plötzlich vor ihm steht, braucht es Zeit, bis Ariel nicht mehr wegrennen mag und eine Umarmung zulässt. Und schlussendlich erfährt, dass alles ein wenig anders ist als gedacht.

Dem jungen argentinischen Regisseur Daniel Burmann, selber polnisch-jüdischer Abstammung, ist nach dem zarten Melodrama "Todas las azafatas van al cielo" ein lebendiges und einfühlsames Porträt einer Generation gelungen, der es im heutigen Argentinien schwer fällt, Halt zu finden zwischen verblassender Tradition und unscharfen Zukunftsperspektiven. Dennoch bleibt es in "El Abrazo Partido" nicht bei einer einseitigen Darstellung der jungen Generation, auch die Verfehlungen und Hoffnungen der älteren werden subtil gezeigt.

"El Abrazo Partido" verdient die verschiedenen Festivalauszeichnungen und ist Argentiniens offizieller Vorschlag für die Oscar-Nominierung 2005 als bester ausländischer Film.

01.06.2021

4

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Kommentare

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campiflegrei

vor 19 Jahren

Der Film ist gespickt mit feinem Humor.


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