Der menschliche Makel Frankreich, Deutschland, USA 2003 – 108min.

Filmkritik

Achilles auf Viagra

Björn Schäffner
Filmkritik: Björn Schäffner

Anthony Hopkins und Nicole Kidman in inniger Umarmung: Das gibt es in der Literaturverfilmung "The Human Stain“ nach dem Buch von Philip Roth zu sehen. Eine Mesalliance par excellence.

Wentworth Miller legt in "The Human Stain" eine bemerkenswerte Leinwandpräsenz vor. Als junger Coleman Silk verströmt er jene Aura von Schmerz und Verlangen, die seinen faustischen Charakter im Innersten zusammenhält und gleichzeitig das zentrale Motiv dieses Films ist.

Miller ist der Lichtblick in einer Literaturadaption, die - ganz menschlicher Makel - wohl als Paradebeispiel eines Films der Fehlbesetzungen in die Annalen des Kinos eingehen wird. Anthony Hopkins und Nicole Kidman heissen die Superstars, die in der Verfilmung von Robert Benton gemeinsam unter die Bettdecke schlüpfen.

Hopkins spielt den Altphilologie-Professor Coleman Silk, der kurz vor seinem Ruhestand auf dem Altar der Political Correctness geopfert wird. In seiner Jugend beschliesst der extrem hellhäutige Schwarze, sich fortan als Weisser auszugeben, damit ihm niemand mehr seiner Hautfarbe wegen Steine in den Weg legen kann. Ironie des Schicksals, dass ihm Jahrzehnte später just eine Rassenfrage das Bein stellt.

In einer Vorlesung bezeichnet Silk zwei dauerschwänzende Studenten als "spooks", also Gespenster. Da "spooks" auch eine abschätzige Bezeichnung für Afro-Amerikaner ist, droht Silk mit einem Mal eine Rassismus-Klage. Der Professor nimmt in der Folge seinen Hut und geht frühzeitig in Pension. Als "Achilles auf Viagra" findet er sich in den Armen der Putzfrau Faunia Farley (Nicole Kidman) wieder, die als geschundene Mitdreissigerin ebenfalls mit den Dämonen ihrer Vergangenheit zu ringen hat.

Nicht, dass man diesem ungleichen Paar ihr Lendenfeuer nicht gönnen möchte. Doch Hopkins wirkt als negroider Professor schlicht grotesk. Darüber hinaus wirkt Sir Anthony irgendwie zu sanftmütig für den Part des in seinem Stolz gekränkten Coleman Silk. Seine Partnerin Kidman leckt ihre Wunden zwar gekonnt, lässt aber die White Trash-Roughness der literarischen Vorlage vermissen. Gary Sinise wiederum ist erstens zwanzig Jahr zu jung und zweitens viel zu studentenhaft, um in der Rolle des Schriftstellers Nathan Zuckerman zu überzeugen.

Vor diesem Hintergrund ist es freilich erstaunlich, dass das Drehbuch von Nicholas Meyer recht eng beim Buch geblieben ist. Doch die auf Oscar-Formel polierte Machart von "The Human Stain" erreicht nie den Biss und die Dramatik dieses Romans, der ein grossartiges Sittengemälde der jüngeren amerikanischen Geschichte ist.

Philip Roth, der Autor der Romanvorlage, hat einmal gesagt, dass Fiktion nicht Fiktion heisse, weil sie Ereignisse beschreibe, sondern weil sie Bewusstsein erfinde. Im Fall von Bentons "The Human Stain" wird sich in den Köpfen der Kinozuschauer kaum Bewusstsein einnisten. Dafür muss man sich die Geschichte schon in gebundener Form zu Gemüte führen.

18.05.2021

3

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Kommentare

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movie world filip

vor 12 Jahren

interessante aber trotzdem irgendwie langweilige film... gute kidman und hopkins, das schon


jorgblaser

vor 19 Jahren

nicht einfach mitzukommen.
immer wieder rueckblicke in der vergangenheit usw...


tuvock

vor 19 Jahren

Gespielt war er sicher gut, aber ehrlich gesagt nicht unbedingt mein Fall. Der Film ist ungefähr so spannend wie der Nasdaq Index. Gefallen wird der Film auch Leuten die den Roman gelesen haben, aber sonst bezweifle ich das der 108 Minuten lange Film anderen Leuten gefallen könnte, außer man ist so sehr von Methan eingeraucht das man sowieso nichts mehr fühlt, spürt oder hört.

50 von 100Mehr anzeigen


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