Lilja 4-ever Schweden 2003 – 100min.

Filmkritik

Endstation

Filmkritik: Andrea Bleuler

Mit den sympathischen Filmen "Fucking Amal" und "Together" hat sich der schwedische Jungregisseur Lukas Moodysson als Kinopoet etabliert. "Lilja 4 ever" - die Geschichte einer Jugend in der Sowjetunion - ist erbarmungslos düster und erschütternd.

Keine Schonfrist für Zartbesaitete: Zu Rammsteins "Mein Herz brennt" irrt ein zerschlagenes junges Mädchen durch graues, städtisches Niemandsland - auf der Suche nach einer Möglichkeit, diese Welt zu verlassen.

Das Leben der 16-Jährigen Lilja (Oksana Akinshina) hat eigentlich nie beginnen können. In einer heruntergekommenen Wohnsiedlung, irgendwo in der Sowjetunion, ist sie aufgewachsen. Ebendort wird sie zurückgelassen, als ihre Mutter mit ihrem neuen Freund in die USA auswandert und ihr über das Sozialamt ausrichten lässt, dass sie ihr Sorgerecht abgetreten hat.

Ihre Tante zwingt sie, in ein noch viel trostloseres Loch umzuziehen. Um zu überleben, muss sich Lilja prostituieren - was sie gleichzeitig zum Freiwild in ihrem eigenen Umfeld macht. Ihr einziger Freund ist Volodja (Artiom Bogucharskij), mit dem sie über billige Drogen und Alkohol Ausflucht aus dem Elend sucht.

Moodyssons Heldin - sehr eindrücklich gespielt von Oksana Akinshina - ist auch in diesem Film unglaublich stark: Immer wieder vertraut sie und verliebt sich gar. Immer wieder wird sie betrogen. Von Schleppern und Zuhältern wird sie durch zahlreiche Vergewaltigungen zur gefügigen Prostituierten abgerichtet: Irgendwo in Schweden schliesslich befriedigen gute Bürger mit hängendem Kiefer, dumpf starrend, zwischen Liljas Beinen ihren Trieb.

Schwedens Jung-Regiestar hantiert mit knallhartem Realismus, ohne dass sein gesellschaftskritisches Portrait unnatürlich überdramatisiert wirkt. Immer wieder setzt Moodysson Musikmontagen ein, doch auch diese sind nie gefällig. Sein Film ist lang, je schlimmer die Situation, desto unerträglicher die Dauer der einzelnen Einstellungen. Dabei propagiert sein Werk konsequent eine mutige Grundhaltung: Für sein Publikum hat Moodysson keine Nachsicht, denn kein Zeuge einer solchen Geschichte hat sie verdient.

03.01.2012

5

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Kommentare

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Gelöschter Nutzer

vor 14 Jahren

Ein trauriger Film, der in seiner dokumentarischen Schärfe echt an die Nieren geht. Es ist nicht nur die albtraumartige Trostlosigkeit der heruntergekommenen Plattenbauten, sondern die Perspektivlosigkeit der Jugend, die hier leben muss. Ein Versuch diesem Elend zu entkommen, scheitert kläglich, nachdem sich Lilja mit Prostitution, Schnüffeln und Schnaps eher schlecht als recht durchgeschlagen hat. Der Suizid erscheint als wahre Erlösung. Auch der Versuch das vorprogrammierte Ende etwas lyrisch-poetisch abzufedern (die Flügelchen sind zum Schmunzeln) verhindert nicht den nachhaltigen Eindruck dieses tragisch-dramatischen Jugendfilms. Und es ist nicht leicht, das menschliche Elend in diesem Ausmaß zu konfrontieren.Mehr anzeigen


birrer4

vor 21 Jahren

Der Film bewegt. Von Anfang weg. Die Geschichte ist traurig, macht nachdenklich, aber ist wirklich gut gespielt. Sehr empfehlenswert, ein wirklich sehr guter Film.


birrer4

vor 21 Jahren

Total bewegend. Sehr sehr traurig, aber auch sehr gut


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