Das Fenster gegenüber Italien 2003 – 106min.

Filmkritik

Alte und neue Liebesgeschichten

Filmkritik: Senta van de Weetering

Der italienische Regisseur Ferzan Ozpetek hat sich mit "Hamam" und "Le fate Ignoranti" als Fachmann für Geschichten von Liebe und Freundschaft ausgewiesen, die an unerwarteten Orten gefunden werden. Diesmal findet die junge Mutter Giovanna Liebe beim Nachbarn, den sie seit langem durch das Fenster beobachtet, und Freundschaft bei einem alten Mann ohne Erinnerungen, der aus heiterem Himmel in ihr Leben platzt.

Giovanna (Giovanna Mezzogiorno) ist mit ihrem Alltag nicht glücklich. Wenn sie von der Arbeit heimkommt, ist sie erschöpft. Die beiden Kinder und ihren Mann Davide (Massimo Girotti) schnauzt sie hauptsächlich an und reagiert auch gereizt, als er auf der Strasse einem offensichtlich verwirrten alten Mann hilft, der nicht weiss, wer oder wo er ist, sich dem Paar anschliesst und zuletzt in dessen Wohnung bleibt.

Etwas Aufregung tritt durch das Fenster in Giovannas Leben, wenn sie ihren attraktiven Nachbarn von vis-à-vis beobachtet. Ausgerechnet der namenlose alte Mann sorgt schliesslich dafür, dass Lorenzo – so der Name des von Raoul Bova gespielten Nachbarn – sie anspricht. Gemeinsam versuchen die beiden Jüngeren, das Rätsel um die Herkunft des erstaunlichen Gastes zu lösen. Wie sie sich dabei unter Mitwirkung einer Freundin Giovannas (wunderbar gespielt von Serra Yilmaz) näher kommen, gehört zu den schönsten Momenten des Films.

Ferzan Ozpetek erzählt gleichzeitig die Geschichte des jungen Paares und des alten Mannes. Sie sind miteinander verflochten und beeinflussen sich gegenseitig. Doch leider entsteht nicht der Eindruck, dass sie einander befruchten, sondern dass dem Film ein Zentrum fehlt, dass Ozpetek sich nicht entscheiden kann, wo sein Fokus in einzelnen Szenen und im ganzen Werk eigentlich liegt. Es kommt vor, dass Bild und Handlungsverlauf für eine bestimmte Szene die Konzentration auf Giovanna nahelegen, die Tonspur aber offensichtlich das Innenleben des Unbekannten widerspiegelt, was unentschlossen und verzettelt wirkt. Hinzu kommt, dass auf diese Weise oft die nötigen Informationen fehlen, um Empathie für die Figuren zu entwickeln – genau darauf hat es "La Finestra di Fronte" aber angelegt.

Das ist schade, denn beide Geschichten, diejenige des alten Mannes, der im zweiten Weltkrieg eine Entscheidung traf, die Hunderte rettete, jedoch seinen Geliebten das Leben kostete, wie auch diejenige der Mutter, welcher durch das Fenster ihres Nachbarn ein Blick von aussen auf sich selbst ermöglicht wird, sind in sich erzählenswert. Ozpetek gelingen schöne Bilder und wunderbare Szenen, wenn er sich und seinen Protagonisten genügend Zeit und Raum lässt. Durch die Verquickung erhalten beide weniger Aufmerksamkeit, als sie verdienen, und die beiden Stränge führen zu einer etwas gar einfachen Auflösung für alle Beteiligten.

03.06.2003

3

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Kommentare

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patchwork

vor 20 Jahren

sehr berührend


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