La Ciénaga Argentinien, Frankreich, Spanien 2001 – 103min.

Filmkritik

Familien am Rande des Zusammenbruchs

Filmkritik: Nathalie Jancso

"La Ciénaga", der Film der jungen Argentinierin Lucrecia Martel wurde von Spaniens Enfant Terrible Pedro Almodóvar zu einem seiner Lieblingsfilme 2001 gewählt. Weiter meinte er: "Ich notiere mir den Namen Lucrecia Martel in der Liste meiner Lieblingsregisseure." Eine grosse Ehre für Martel, die damit alle Almodovar Fans schon mal für sich eingenommen hat.

In ihrer wilden und ungewöhnlichen Geschichte erzählt sie vom langsamen Untergang einer dekadenten Gesellschaft in ihrem Heimatland - eine Fiktion, die sich in den ersten Monaten des Jahres 2002 aufs Schmerzhafteste auch in den realen Ereignissen in Argentinien widerspiegelt.

Mecha (Graciela Borges), Mutter von vier Kindern, verbringt wie jedes Jahr den Februar mit ihrer Familie in der Nordwestecke Argentiniens. Auf ihrem Landsitz, wo die Hitze nicht so glühend ist wie in der Stadt. Wo tropische Gewitter die Felder zu einem sumpfigen Morast (auf Spanisch la ciénaga) werden lassen und allerlei Getier und Ungeziefer, kleines und grosses, anziehen. Mecha schreit gerne die Dienstboten an. Ihre Tochter nährt eine geheime Leidenschaft für das Indiomädchen, das als Hausmädchen für die Familie arbeitet. Mecha ertränkt ihre Sorgen im Alkohol. Tali (Mercedes Morán), ebenfalls Mutter von vier Kindern, leistet ihrer Kusine Mecha Gesellschaft. Mit dem gemeinsamen Shopping-Ausflug ins nahe Bolivien wird es wohl nichts. Während die Kinder gemeinsam in den nahen Wäldern auf die Jagd gehen und herausfordernd mit ihren Gewehren hantieren, genehmigen sich die Mütter einen Drink...

Von der steten Feuchtigkeit und vom gelangweilten Alkoholgenuss werden die Menschen in Martels Film von innen und aussen langsam "aufgeweicht". Ihre Geschichte und ihre Leben verlieren jede Kontur. Der Augenblick, jede Anstrengung ist manchmal zu viel. Dann liegen sie wie die toten Fliegen auf ihren Betten. Aber unter der dekadenten und scheinbar toten Oberfläche sind durchaus menschliche Regungen spürbar.

"La Ciénaga" schockiert, weil er eine Gesellschaft ohne jede Hoffnung porträtiert. In der brillanten Anfangssequenz fährt die Kamera scheinbar ziellos am dreckigen Pool entlang, über das Bein einer Frau, an den Drinks vorbei, auf einen am Boden liegenden betrunkenen Mann. Der Film verursacht zeitweise körperliches Unbehagen, aber es lohnt allemal, sich auf diese Fahrt durch den Sumpf einzulassen.

25.05.2021

4

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