Lucky People Center International Schweden 1999 – 85min.

Filmkritik

Lucky People Center International

Flavia Giorgetta
Filmkritik: Flavia Giorgetta

Als längster Videoclip der Welt wird Lucky People Center International bezeichnet. Auf der Suche nach der Kraft von Musik und Tanz wird er jedoch auch ein Plädoyer zur Rückbesinnung auf den eigenen Körper und dessen Verhältnis zur Umwelt.

Die Erde vom All aus gesehen - eine Seifenblase, fragil, wie die Lebewesen, die sie bewohnen. Auf ihrer Reise durch die halbe Welt zeigen die zwei Musiker und Filmemacher Erik Pauser und Johan Söderberg Kurzportraits verschiedener Menschen, die die Liebe zur Musik und Spiritualität verbindet. So kann auf die Ex-Porno-Queen Annie Sprinkle, die durch blosse Atemtechnik zum Orgasmus kommt, der Anführer der Sekte "Heaven's Gate" Marshall Applewhite folgen. Letzterer beging im Glauben, nach dem Tod geistig von Ausserirdischen gerettet zu werden, zusammen mit seinen Anhängern 1997 Selbstmord. Die Aufnahme der Leichen wird durch ein Gebet des Buddhisten Sogyal Rinpoche aus dem Off kommentiert; dennoch muss der Zuschauer immer mitdenken und sich selbst in Beziehung zu den Porträtierten setzen. Gerade die durch den Film provozierte und nötige Selbstreflexion macht ihn zum Erlebnis: Wie stehen wir selbst zu Musik und Spiritualität, welche Werte bedeuten uns etwas, was erscheint uns sinnentleert, und wo fühlen wir uns manipuliert? Wenn Rinpoche sagt, ein Schüler müsse nicht blindlings glauben, sondern mit Intelligenz reflektieren, so gilt dies auch für den Film als Ganzes: Maori-Krieger stehen neben Techno-Tänzern, die Forderungen des Regenwald-Schützers Bruno Manser werden von blutigen Voodoo-Ritualen abgelöst.

Dass der Film trotz gegensätzlicher Charaktere als dichte Einheit empfunden wird, verdankt er einerseits dem virtuosen Schnitt, für den ebenfalls die Regisseure verantwortlich sind: Die vielen Loops verdichten Aussagen zu Mantras oder verfremden Glaubensbekenntnisse durch gezielte Wiederholungen in anderem Bildkontext. Anderseits wird der ganze Film von der hauseigenen Musik zusammengehalten. Ursprünglich sind Lucky People Center nämlich eine elektronische Musik spielende Band, der ebenfalls Erik Pauser und Johan Söderberg angehören. Diese hat bereits mit ihren Videos an mehreren Kunstausstellungen Aufsehen erregt. Unter die Trommelgeräusche und buddhistischen Gesänge des Originaltons mischen sich zunächst diskret die elektronischen Klänge der Band, um sich immer mehr zu verdichten. So bilden Musik und Schnitt einen Spannungsbogen, der uns neben den Aussagen der Protagonisten die Kraft von Rhythmus und Tönen spüren lässt.

Man kann den Film als überlangen Videoclip ansehen; wer sich jedoch gleichzeitig der Musik hingibt und die Kurzinterviews kritisch hinterfragt, mag in dieser experimentellen Collage ein kleines Meisterwerk entdecken.

07.08.2001

5

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