Interview27. Februar 2024

Scott M. Gimple über «The Walking Dead: The Ones Who Live»: «Wir sehnen uns nach den einfachen Dingen im Leben»

Scott M. Gimple über «The Walking Dead: The Ones Who Live»: «Wir sehnen uns nach den einfachen Dingen im Leben»
© Mandee Johnson

«The Walking Dead» ist eine Serie über das Leben in der Zombie-Apokalypse. Aber es sind nicht die Zombies, sondern Menschen wie Rick und Michonne, deren Kampf ums Überleben uns an den Bildschirm fesselt. Showrunner Scott M. Gimple verrät im Interview, was diese Serie zu einem derartigen Phänomen macht und was wir vom neuesten Spin-Off «The Walking Dead: The Ones Who Live» erwarten können.

Interview von Gabriela Tscharner Patao

Beim Ausdruck "Zombie-Apokalypse" denken vielen Film- und Serienfans wohl sofort an die amerikanische Serie «The Walking Dead». Die Erfolgsserie und ihre Ableger haben immernoch einen riesigen Einfluss auf die Popkultur, obwohl die Untoten hier nie als Zombies, sondern als Streuner oder Beisser (engl. Walkers oder Biters) bezeichnet werden. Kreiert von Frank Darabont erzählt die Serie die Geschichte des US-Sheriffs Rick Grimes, der mit seiner Familie und einer kleinen Gruppe Überlebender gegen die Ausrottung der Menschheit durch ein Virus kämpft, das Menschen zu beisswütigen Untoten macht.

Die Serie basiert auf den gleichnamigen Comics von Robert Kirkman und Tony Moore und hat sich seit 2010, mit Spin-Offs wie «Fear Of The Walking Dead», «The Walking Dead - The World Beyond» und kürzlich dem spannenden Europa-Ableger «The Walking Dead: Daryl Dixon» in ein Serienuniversum ausgebreitet, das nun mit seinem sechsten Ableger «The Walking Dead: The Ones Who Live» die beste Romanze dieser dystopischen Welt, zwischen Rick (Andrew Lincoln) und Michonne (Danai Gurira), verfolgt.

Seit der zweiten Staffel von «The Walking Dead» ist Scott M. Gimple als Showrunner und seit Kurzem als Chief Content Officer für alle kreativen Aspekte des Serienuniversums verantwortlich. Für «The Walking Dead: The Ones Who Live» teilt Gimple seine Arbeit als Autor und Produzent nun auch mit seinen Hauptdarsteller:innen, Andrew Lincoln und Danai Gurira. Wir haben mit Scott M. Gimple über die Zusammenarbeit mit seinen Stars, mögliches Diva-Verhalten und das bevorstehende Ende dieses Serienuniversums gesprochen.

Lesley-Ann Brandt und Andrew Lincoln in «The Walking Dead: The Ones Who Live» © IMDb

Cineman: Kaum eine Serie hat die Popkultur derart geprägt und hat so viele Spin-Off-Serien kreiert wie «The Walking Dead». Wie erklären Sie sich die Popularität Ihrer Serie?

Scott M. Gimple: Wir alle sehnen uns doch nach den einfachen Dingen im Leben, nach Glaubwürdigkeit und Authentizität. Diese Welt ist eine des reinen Überlebens. Das ist sowohl im wahren als auch im übertragenen Sinne gemeint. Diese Figuren stehen unter enormem Druck und entdecken, wer sie wirklich sind und wer sie sein könnten. Vielleicht wollen wir das alle. Wir haben so viel Ablenkung und Täuschung in unserem Leben. Es ist schön, davon zu träumen, alles hinter sich lassen zu können, nur auf sich selbst gestellt zu sein und herauszufinden, wer die Person im Spiegel wirklich ist.

Andrew Lincoln und Danai Gurira, die Darsteller:innen von Rick und Michonne, hatten die Originalserie von «The Walking Dead» schon vor einiger Zeit verlassen. Was haben Sie angestellt, um die beiden Stars zurückzuholen?

Scott M. Gimple: So etwa ab der sechsten Staffel fühlte es sich an, als würde die Serie ewig weitergehen… Ich wusste, dass Andy sich nicht für immer verpflichten wollte und auch Danai hatte andere Ambitionen. Sie war in Marvel-Filmen wie «Black Panther» und inszenierte Broadway-Theaterstücke. Also habe ich extra für die beiden eine Geschichte entwickelt, die Rick Grimes und Michonne zurückbringen kann.

Danai Gurira in «The Walking Dead: The Ones Who Live» © IMDb

Sie haben Andrew und den Fans drei Rick-Grimes-Kinofilme versprochen. Weshalb wurde es doch eine Serie?

Scott M. Gimple: Es war eine Frage der Zeit, der Umstände und einer veränderten Welt. Nach der Pandemie hat sich die Medienlandschaft und die Art, wie wir Medien konsumieren, völlig verändert. Fernsehen und Streamingdienste sind heute viel wichtiger als zuvor. Zunächst haben wir nur Ricks Geschichte weitererzählen wollen, aber dann war Danai ebenfalls interessiert und wir entwickelten einen neuen Plan, der Rick und Michonne wieder zusammenbringen würde. Das Schicksal hat alle Komponenten dieser Serie zusammengebracht und wir lieben, was daraus entstanden ist.

Andrew und Danai sind nicht nur die Hauptdarsteller:innen, sie waren auch kreativ an der Entwicklung der Geschichte und als Produzent:innen beteiligt. Die Arbeit mit Filmstars ist nicht immer einfach. Gab es Diva-Momente?

Scott M. Gimple: Nein, nein, überhaupt nicht. Ich hatte die Grundzutaten für dieses Rezept, aber dann sassen wir gemeinsam am Tisch und überlegten, was wir daraus machen wollten. Nach mehreren Sitzungen haben wir als Autor:innen einen Rhythmus gefunden.

Danai hat gesagt, dass der Fernsehsender sehr grosszügig mit ihr und Andrew gewesen sei und sagte, «Hier, macht, was Ihr wollt!» Konnten Sie die Wünsche Ihrer Stars denn immer erfüllen?

Scott M. Gimple: Ich habe die Zügel zwar die ganze Zeit in der Hand gehabt, aber Andy und Danai wollten mehr Einfluss haben. Ich habe sie sich schliesslich zehn Jahre lang im Dreck rumwälzen lassen, während ich in einem bequemen Stuhl sass. Vielleicht war ich vor dem ersten Treffen etwas nervös, ob sie die Rollen umkehren wollten. Aber dann war es, als würden wir zusammen in einer Band spielen.

Und wie sah das in der Praxis aus, das Spielen in dieser Band?

Scott M. Gimple: Das Engagieren von Schauspieler:innen, die Budgetplanung, Garderobe, Requisiten, das Aussuchen der Drehorte, das waren alles Aspekte der Produktion, in die Andy und Danai involviert waren. Und dann mussten sie noch ihre Rollen spielen! Ich bin dankbar, dass ich von ihnen so viel Unterstützung bekam. Sie waren da, wenn ich es nicht sein konnte.

Andrew Lincoln und Terry O'Quinn in «The Walking Dead: The Ones Who Live» © IMDb

Haben Sie ein Beispiel dafür, wenn Andy und Danai da waren, wenn Sie es nicht sein konnten?

Scott M. Gimple: Es gab Budgetprobleme, die sie in Angriff nahmen und um mehr Geld kämpften und sie haben es bekommen. Es war sehr befriedigend für mich, dass die beiden mal sehen konnten, was für ein Schachspiel mein Job als Produzent ist und weshalb ich immer so geizig bin! Aber sie haben mehr Geld gesammelt, als ich es zusammenbringen könnte. Das hat mich erstaunt und die Serie ist besser deswegen.

«The Walking Dead: The Ones Who Live» ist ultimativ eine Geschichte über die Liebe, die unter widrigsten Umständen gedeihen kann. Glauben Sie daran?

Scott M. Gimple: Was Rick und Michonne so besonders macht und was sie als Menschen integer bleiben lässt, ist die Liebe. Hätte Rick wohl überlebt, wenn er Laurie und Karl nicht gehabt hätte? Hätte ein Junggeselle, der mitten in der Apokalypse aus einem Koma aufwacht, dieselbe Motivation gehabt, zu überleben wie einer, der zu seiner Frau und seinem Kind zurückfinden will? Andy und ich haben viel darüber gesprochen. Es ist die Liebe, die ihn am Leben erhalten hat.

«The Walking Dead: The Ones Who Live» befriedigt sicher die Fans. Kann die Serie auch alleine stehen und neue Zuschauer anlocken, die bisher noch keine Folge von «The Walking Dead» gesehen haben?

Scott M. Gimple: Es wird jedes Jahr schwieriger, ein neues Publikum in unsere Welt einzuladen. Aber wie z.B. bei «Star Wars» hat die Figur Obi Wan eine reiche Backstory, von der wir aber nur wenig wissen müssen, um der Serie folgen zu können. Bei «The Walking Dead: The Ones Who Live» ist es ähnlich. Wir müssen nicht alles über Rick und Michonne wissen, um ihre Liebe füreinander zu verstehen.

Andrew Lincoln und Alexis Rae Forlenza in «The Walking Dead: The Ones Who Live» © IMDb

Nicht nur für uns Europäer war das Spin-Off «The Walking Dead: Daryl Dixon», das in Frankreich spielt, ein Geschenk. Wir alle wollten schon lange wissen, wie die Zombie-Apokalypse in Europa aussehen würde. Sie drehen gerade die zweite Staffel. Was können Sie uns verraten?

Scott M. Gimple: Leider nicht allzu viel, gewisse Leute würden mich umbringen. Aber Norman Reedus (Daryl) und Melissa McBride (Carol) arbeiten schon hart daran. Was ich an dieser Staffel liebe, ist, dass sie daherkommt, wie ein französischer Indie-Horrorfilm.

Sie haben erwähnt, dass Sie das Ende des Serien-Universums schon geplant haben und dass es Hauptfiguren wie Daryl, Carol, Negan (Jeffrey Dean Morgan), Rick, Michonne und andere Figuren dieser Welt wiedervereinen wird. Wie werden Sie das bewerkstelligen?

Scott M. Gimple: Ich habe Träume und konkrete Pläne in meinem Kopf, und es gibt die Mittel und Hoffnungen, diese auszuführen. Aber derzeit gibt es noch nichts Konkretes, an dem wir arbeiten. Genauso wie ich alle Zutaten für «The Walking Dead: The Ones Who Live» hatte, werde ich diese auch für ein würdiges Ende dieses Universums mitbringen. Bleibt also dran!

«The Walking Dead: The Ones Who Live» ist seit dem 26. Februar auf Sky Show verfügbar.

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