The Breaking Ice China, Singapur, USA 2023 – 97min.

Filmkritik

Ausloten der Grenzen

Maria Engler
Filmkritik: Maria Engler

Zwischenmenschliche und internationale Grenzgebiete werden im chinesischen Film «The Breaking Ice» ausgelotet – in winterlichen Landschaften voll melancholischer Schönheit.

Haofeng besucht eine Hochzeit in der chinesischen Grenzstadt Yanji. Bei einem Ausflug lernt er Nana kennen, die Touristen wie ihn in die koreanische Kultur einführt. Kurzerhand verschiebt er seinen Heimreise nach Shanghai und verbringt ein paar Tage mit Nana und ihrem Bekannten Han Xiao. Die drei leben in den Tag hinein und lassen sich treiben, bis sie beschliessen, den berühmten Himmelssee in den Bergen zu besuchen.

«The Breaking Ice» ist nach «Ilo Ilo» der zweite Film des Regisseurs Anthony Chen, der einen Kinostart in der Schweiz bekommt. Im Zentrum stehen China, das Leben in den chinesischen Metropolen und zwischenmenschliche Beziehungen. Er legt die Handlung in die Stadt Yanji, die im Grenzgebiet zwischen China und Nordkorea liegt.

Mehr oder weniger subtil wird die Grenze zwischen den beiden Ländern immer wieder in Szene gesetzt und so die Beziehung zwischen ihnen ausgelotet. Ob mit grossen Warnschildern behangene Grenzzäune, wilde Landschaften, die schlichtweg nicht betreten werden dürfen oder die immer wieder erwähnten Fluchtgeschichten von Nordkoreanern – ohne das Thema in den Mittelpunkt zu setzen, vermittelt Anthony Chen in «The Breaking Ice» ein Gefühl vom Leben in der Grenzregion.

Ebenso zurückhaltend und ruhig ist der Film im Ganzen. «The Breaking Ice» bietet nur relativ wenig Handlung, die wiederum sehr unaufgeregt erzählt wird. Diese Entschleunigung wirkt wohltuend, verleiht dem Film aber auch einige Längen. Ebenso wie bei seinen ProtagonistInnen kommt auch im Kinosessel ein Gefühl von einem leicht verkaterten Sonntag auf – ein unbestimmtes Gefühl der Dumpfheit, Entspannung und allgemeinen Friedens.

Dabei fängt «The Breaking Ice» das Lebensgefühl der Jugend stimmungsvoll ein und lässt an der mitreissenden Spontanität und dem süssen Nichtstun teilhaben. Die drei Freunde lassen sich treiben und nehmen die Zuschauenden mit auf diese mäandernde Reise voller spontaner Eingebungen. Eine wunderbare Melancholie und Freiheit strahlt ausserdem die winterliche Landschaft aus, in der die Figuren ihre Zeit verbringen. Selten wurde der Winter so verlockend inszeniert!

Im Mittelpunkt der Handlung stehen allerdings die komplexen Beziehungen der Figuren untereinander, die spannend zu beobachten sind und sich direkt unter dem Blick des Publikums entfalten. Dabei bekommen alle Figuren gerade so viel Hintergrundgeschichte, dass sie eine gewisse charakterliche Tiefe bekommen, aber wiederum so wenig, dass sie interessant bleiben. Erfrischend ist hier vor allem die Beziehung der jungen Männer untereinander, die an derselben Frau interessiert sind, aber zu keinem Zeitpunkt aggressiv werden. Im Gegenteil: Hier entspinnt sich eine zärtliche Freundschaft voller Unterstützung und Verständnis – eine schöne und ungewöhnliche Darstellung von Männlichkeit.

06.02.2024

3.5

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Kommentare

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thomasmarkus

vor einem Monat

Wenn nördliche Breiten exotisch werden, Annäherungen an diverse Grenzen...


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